Moin,
Am 21.06.2012 08:55, schrieb Thomas 'tom' Malkus:
Jörg, das unterstellt, dass die Menschen nicht arbeiten wollen. Ich denke, das trifft nur auf einen kleinen Teil zu, den man in unserer reichen Gesellschaft verkraften kann und muss. Der überwiegende Teil der heutigen Harztler würde liebend gern einen adäquaten Job haben und einfach wieder das Gefühl haben, dazuzugehören. Sie nehmen
1-Euro-Zwangsjobs in Kauf, weil sie sich davon etwas versprechen, das ist nicht mehr as der Griff zum Strohalm in den meisten Fällen, weil der Arbeitsmarkt es einfach nicht mehr hergibt. Ich kann das Gelaber von Politikern zur Vollbeschäftigung nicht mehr hören! Im produktiven Bereich wird es die in Deutschland nicht geben, weil insbesondere Hilfsjobs für Ungelernte und Wenigerqualifizierte längst ausgelagert wurden und sich selbst qualifizierte Leute um eine Stelle balgen müssen. Nun könnte man sagen, dass all diese Menschen Pech gehabt haben, das finde ich aber mehr als zynisch. Überlegt man dann noch, wie motiviert Menschen zur Arbeit gehen, die in eine Tätigkeit gepresst wurden, nur damit sie ein Einkommen haben, dann sieht man auch, welche Ergebnisse diese Menschen abliefern werden und wie oft sie krank sind (ob wirklich oder nicht, lasse ich absichtlich mal offen, denn ein solches System an sich kann bereits krank machen).Wer in Ländern wie Deutschland von Vollbeschäftigung träumt, dem empfiehlt Herr Werner zu Beginn seiner Vorträge oft, mal alles auszuziehen, was nicht in Deutschland produziert wurde. Daran sieht man sehr gut, woran es hapert, wenn man Arbeit ausschliesslich mit wertschaffender Produktion verwechselt. Diese Arbeitsplätze gibt es im Gegensatz zu früher in Deutschland nämlich nicht mehr, schon gar nicht in den benötigten Mengen.
Wir alle, auch Du Jörg in den USA, leben unseren Luxus längst auf dem Elend von anderen. Wir leben im Überfluss, es gibt keinen Mangel an Konsumgütern und Lebensmitteln, die gleichzeitig immer stärker maschinell und automatisch (also ohne viele Arbeitskräfte) produziert werden. Und wir alle müssen uns fragen, ob wir nicht mal unser Gesellschaftsmodell überdenken und den gänderten Bedingungen anpassen sollten.
Eben... und vor allem, was wird unter "arbeiten" verstanden?! Nach wie vor ist z.B. die Kindererziehungsleistung in einer Familie nicht das "wert", was ein Fliessbandarbeiter "wert" ist, obwohl es sich dabei um einen Fulltimejob handelt, der ebenso anstrengend ist. Nach wie vor werden die innerhalb der Familie erbrachten Pflegeleistungen für die ältere Generation nicht so gewürdigt, wie die von professionellen Pflegediensten (und selbst da bekommen die Menschen für diese Arbeit m.M.n. kein angemessenes Entgelt). Die Personen, die solche Arbeit wie Kindererziehung und Pflege in der Familie verrichten, verrichten sie für die Gesellschaft und werden dafür noch bestraft, indem sie gezwungen sind, sich für ein Einkommen noch einen "echten" Job dazuzusuchen. Die Personen, die sich mit mehreren kleinen Jobs über Wasser halten müssen und oft noch mehr als die rund 40 Stunden in der Woche arbeiten, gelten gesellschaftlich als "Versager", weil sie über das Einkommen definiert werden, statt über ihre Lebensleistung.
Ein bedingungsloses Grundeinkommen liesse den Menschen die Wahl, nämlich wiviel sie dazuverdienen wollen und vor allem womit. Jemand der keine Angst haben muss, dass ihm die Arge den letzten Cents streicht, wenn er auch nur diesen einen Cent bei der gerade begonnenen Selbstständigkeit über irgendwelchen Sätzen liegt, kann viel befreiter aufspielen und seine ganze Kraft und Motivation einbringen. Gleiches gilt für Arbeitnehmer auch. Sie können auch mal ablehnen, einen mies bezahlten Job zu machen und sich dabei auch noch von einem ebenso frustrierten Chef anschreien zu lassen, was langfristig zu einer ganz anderen Kultur in Unternehmen führen dürfte, weil niemand mehr Angst haben muss, gleich ins Bodenlose zu stürzen (kein Einkommen mehr).
Weshalb solte man sich bei einem bedingungslosen Grundeinkommen z.B. nicht hin und wieder eine Auszeit gönnen, in der man z.B. in anderen Ländern neue Eindrücke sammelt und neue Erfahrungen macht, die man dann in der nächsten Tätigkeit wieder zum Wohle aller nutzen kann? Spinnerei? Vielleicht, aber vielleicht auch gesünder und entspannter als unser momentanes Wachstumsgehechel und ameisengleiches Anschaffen um letztlich noch mehr Konsumgüter zu erzeugen, die sich mangels Einkommen dann doch keiner mehr leisten kann oder will... Wem nützt die momentane Geldsklaverei wirklich?
Ja, das werden einige der "Führungselite" nicht gern hören, die zur Zeit noch auf dem Erpresserblues reisen. Dieser Zwang und dieser Druck kann langfristig auch gesellschaftlich nicht gesund sein und deshalb ist es legitim, sich andere Modelle auszudenken, die auch umgesetzt werden, wenn ihre Zeit reif ist.
Richtig... allein die Finanzverwaltung könnte sich darauf konzentrieren, nur die eine Steuer, nämlich die Konsumsteuer/Mehrwertsteuer "einzutreiben" und wieder zu verteilen. Die jetzige Arbeitslosenverwaltung (ja, ich nenne das so), könnte eingedampft werden, hin zu einer vorschlagenden, beratenden und vermittelnden Institution, die diesen Namen dann auch verdient, "Potentialförderamt" würde ich es dann nennen :-).
Genau das ist der Punkt, von Ressourcenverschwendungen anderer Art gar nicht zu reden!
Ich denke auch, schlagartig wird man den Umbruch nicht hinbekommen, aber je mehr man den Gedanken an sich wälzt, desto mehr Lösungsansätze wird es auch für die entstehenden Probleme geben. Niemand behauptet im übrigen, dass so ein neues System völlig problemlos und gleich die eierlegende Wollmilchsau ist.
Gruß Kai