Allgemeine Frage zur Mathematik der Regelungstechnik

Am 08.03.2013 18:15, schrieb Carsten Thumulla:

Ach so, das ist das Problem der Werkzeugheizungen, adaptive Regelungen und so...

Die Gerade muß noch verbogen werden, damit nicht so viel Energie reingeht, daß ein Überschwingen erfolgt, also leise mitintegrieren...

Carsten

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Wehret den Lügen!
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Carsten Thumulla
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Matthias Weingart schrieb:

Den brauche ich doch gar nicht, steckt alles in den zeitabhängigen (!) Messwerten:

Wenn geheizt werden muss, lege ich erst einen kleinen Sprung an und messe nach einiger Zeit die Sprungantwort. Dieser Wert entspricht der aktuellen thermischen Trägheit des Aufbaus. Außerdem kann ich auch fortlaufend die aktuelle Steigung der Temperaturänderung bestimmen. Der Controller kann den Stellwert und den Istwert über der Zeit mitloggen und auswerten.

Puh, da muss ich noch einmal 'drüber schlafen.

Jedenfalls habe ich einen Stellwert und eine Temperaturänderung auf Grund des Stellwertes, also eine Steigung. Die Steigung soll für große Abstände hoch sein und bei Annäherung an den Sollwert gegen Null gehen. Wenn der Stellwert zur Steigungsanpassung zurückgenommen wird, gibt es eine Änderung der aktuellen Steigung, also eine "Differenz der Differenzen": Wenn ich eine Prognose mit der alten Steigung mache und den echten Wert nach der prognostizierten Zeit messe, erhalte ich eine Differenz, die der letzten Änderung des Stellwertes entspricht. Damit müsste ich eine Ad-Hoc-Funktion entlangiterieren können (z.B. Halbierung des Abstands pro Intervall), so dass die Sache sauber und schnell asymptotisch einschwingt. Wichtig ist, dass das über den Abstand zur Zieltemperatur läuft und nicht über die Differenz zwischen Start- und Zieltemperatur. Bei der Starttemperatur sind nämlich noch andere Effekte überlagert, deshalb brauche ich eine fortlaufende Anpassung auf Grund des Abstands. Ich finde, das ist ein grundlegendes und sicher lösbares Problem, nur die elegante Umwandlung in einen Algorithmus ist mir noch nicht so ganz klar.

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Edzard Egberts

Carsten Thumulla schrieb:

*pling* da ist ein Groschen gefallen. Siehe bitte mein Posting von 18:51 Uhr, mein Algorithmus sollte also schon mal das Integral des Stellwertes mitführen.
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Edzard Egberts

Am 08.03.2013 18:56, schrieb Edzard Egberts:

Ja, die Gerade ist der P-Anteil, der ohne Regelabweichung da ist. Um das Einschwingen zu verkürzen kann man Energiepakete reinschicken, D-Anteil. Die dürfen aber nicht größer sein, als der Rest bis zum Sollwert.

Zum Schluß kann man ausrechnen, wieviel Energie rein muß. Also, bei Werkzeug kalt müssen 2kWh rein, um den Sollwert zu erreichen. Also heizen mit voller Leistung und bei 2kWh abschalten würde die kürzeste Einschwingzeit bringen. Die Wahrheit liegt wie immer dazwischen, zwischen der Anfangsgeraden und den Heizen mit voller Kraft und Berechnen des Endpunktes.

Carsten

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Wehret den Lügen!
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Carsten Thumulla

Am 08.03.13 14.04, schrieb Edzard Egberts:

Du könntest aus dem Log ein Modell der Regelstrecke bestimmen :-)

Eine sich ändernde Wärmekapazität würde vermutlich lediglich Zeitkonstanten - also das dynamische Verhalten - verändern. Eine andere Montage alternativ/zusätzlich die statischen Eigenschaften (durch sich ändernde Verluste).

was ist "erheblich"?

Was Du schilderst, ist eine Regelung, bei der die Streckeneigenschaften nicht konstant sind. Da gibt es grundsätzlich mehrere Möglichkeiten - Reihenfolge in ansteigender Komplexität.

  1. mit festen Reglereinstellungen arbeiten und den Regler so robust dimensionieren, dass im Bereich der zu erwartenden Parameterschwankungen der Strecke nichts Dramatisches passiert. Viele (einfache) Regelungen kann man durchaus so parametrieren, dass Schwankungen der Streckeneigenschaften im Bereich von 30% o.ä. akzeptabel sind. Du könntest versuchen, für die worst case-Fälle z.B. eine Approximation eines PT2-Modells zu ermitteln und dann für die max. möglichen 8 Kombinationen (3 Parameter, jeweils min und max) von worst case-Parametern einen Regler zu dimensionieren, der Deine Anforderungen erfüllt. Oft tun auch ein oder zwei Parameter uns den Gefallen, nahezu konstant zu sein - das macht dann die Dimensionierung eines robusten Reglers entsprechend einfacher.

Das nächste Folterwerkzeug wäre:

  1. Im laufenden Betrieb die Eigenschaften der Regelstrecke per Identifikation ermitteln (das geht ganz gut mit pseudo random binary signals und Korrelationsverfahren) und die Reglereinstellwerte an die sich verändernden Streckeneigenschaften anpassen. Wenn man den laufenden Betrieb unterbrechen kann, dann kann man auch mit einem testhalber angelegten Sprung von Zeit zu Zeit eine Identifikation machen.

Richtig schmerzhaft wäre es, ...

  1. mit der geballten Systemtheorie für robuste Regelungen auf das Problem losgzuehen: das wäre allerdings nicht so ganz anspruchslos - wenn man mit dem Transfer der Einsteiger-Regelungstechnik schon Probleme hat, dann ist es schon schwierig, sich unter Normen wie H_unendlich o.ä. etwas vorzustellen. Eine Recherche unter "robuste Regelung" liefert Hinweise en masse.

So etwas "lohnt" natürlich nur, wenn Unsicherheiten bzw. Schwankungen für Produktivsysteme zu berücksichtigen sind. Für einmalige Anwendung bei Laboraufbauten ist das meist nix.

Gruß, V.

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Volker Staben

Am 08.03.13 16.10, schrieb Joerg:

Z/N ist nicht unwissenschaftlich. Allenfalls könnte man anmerken, dass Z/N der Stand der Wissenschaft von vor 70 Jahren war.

V.

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Volker Staben

Joerg wrote on Fri, 13-03-08 16:10:

Ist das die, wo man einen reinen P-Regler solange verstärkt, bis er gerade so eben zu Schwingen anfängt und dann den P-Wert und die Frequenz bestimmt? Das wurde bei uns in Regelungstechnik als Standardverfahren gelehrt, rechnen kannst Du nur, was Du genau kennst.

Genaues Rechnen mir nur grob geschätzten und oft grob falschen Parametern und dann zu glauben, genaues Rechnen führe zu zuverlässigen Ergebnissen, ist die Vorgehensweise der Wirtschaftler, von der wollen wir uns lieber fernhalten.

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Axel Berger

Moin!

Wenn das ein _reales_ regelungstechnisches Problem ist, dann zeichne doch einfach die Sprungantwort auf. Daraus kannst Du dann den Verlauf für beliebige Anregungen berechnen.

Gruß, Michael.

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Michael Eggert

Yup. Das kann man allerdings nicht mit allen Lasten machen, zumindest nicht mit denen wo nachher Risse im Beton waeren oder wo dann eine $1k Laserdiode zu einer glorifizierten LED geworden ist. Manchmal stelle ich die Chose lieber anhand der Sprungantwort ein, anfangs mit zaghaften Spruengen natuerlich.

So isset :-)

--
Gruesse, Joerg 

http://www.analogconsultants.com/
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Joerg

Rafael Deliano schrieb:

[...]

zumindest so ähnlich wie Verzögerung - "etwas" kommt ja theoretisch sofort raus, allerdings ist "etwas" sehr sehr klein. Schade (aber verständlich), dass man in Spice den Induktivitätsbelag einer Leitung nicht auf Null setzen kann.

Jaa...

Interessant finde ich dabei, dass kommerzielle Temperaturregler, die zumindest laut Dokumentation PID sein sollen, damit erstaunlich gut zurechtkommen.

Einen guten Universalregler zu bauen ist keine triviale Aufgabe.

Servus

Oliver

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Oliver Betz, Muenchen http://oliverbetz.de/
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Oliver Betz

Am 08.03.13 12.22, schrieb Johannes Bauer:

Ansatz zur Modellbildung: Masse als konzentrierten Wärmespeicher annehmen. Masse und spezifische Wärmekapazität (konstant angenommen) sind bekannt. Verluste durch Konvektion und Strahlung abschätzen, Leistungsbilanz aufstellen. Ergebnis ist eine DGL als Modell. Wo ist das Problem?

V.

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Volker Staben

Am 09.03.13 09.17, schrieb Oliver Betz:

Ja - wenn man einen PID-Regler entsprechend nichtaggressiv parametriert, dann kommt der selbstverständlich mit Totzeiten stabil klar. Theoretisch auch mit beliebig langen Totzeiten. Nur: optimal ist das halt nicht.

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Volker Staben

Das Problem das ich damit habe ist das man damit soviel schaetzen und vernachlaessigen muss um zu seinem Modell zu kommen das man am Ende vermutlich nicht besser als Ziegler+Nichols plus eine Stunde rumprobieren ist. .-)

Olaf

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Olaf Kaluza

Volker Staben schrieb:

das wäre einfach. Na gut, Würfel auf Heizplatte kommt dem vielleicht nahe.

Sportlicher wird es, wenn die Eigenschaften des Ausgleichsvorganges modelliert werden müssen (siehe Rafaels Posting - Diffusion).

Die DGL _aufstellen_ kann ich da auch, aber willst Du dafür eine Lösung im Zeitbereich finden?

Servus

Oliver

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Oliver Betz, Muenchen http://oliverbetz.de/
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Oliver Betz

Hi Edzard,

Das ist doch schon einmal eni guter Start. Hetzt nimm eben mal diese Kurve unter Extrembedingungen auf. Im Prinzip sehe ich eine einfache PT1-Sprungantwort, die nicht wirklich ein Problem sein sollte.

Marte

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Marte Schwarz

Am 09.03.13 14.45, schrieb Oliver Betz:

Ist halt die erste Näherung - es war ja eine Fausformel gesucht.

Naja, partielle DGLn sind ja auch nicht unbekannt.

persönlich finde ich die Regelungstechnik im Frequenzbereich um Größenordnungen einfacher.

V.

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Volker Staben

Volker Staben schrieb:

Probier's mal und berichte. Ich hatte (vor knapp zwanzig Jahren) nicht den Ehrgeiz.

Hast Du schon mal probiert, Amplituden- und Phasengang eines solchen Systems darzustellen? Ich meine "richtig" - mit der von Rafael genannten (und auch von mir bevorzugten) Näherung ist es ja nicht sonderlich schwer.

Servus

Oliver

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Oliver Betz, Muenchen http://oliverbetz.de/
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Oliver Betz

Johannes Bauer schrieb:

Sorry, hatte zuerst gedacht, das wäre eine Scherzfrage. Ich hatte "Eiswürfel" gelesen, eventuell abgelenkt durch einen für Joerg eventuell weniger geeigneten Witz.

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mfg Rolf Bombach
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Rolf Bombach

Jedenfalls sind "Herdplatten" schwer simulierbar: haben glaube ich Bimetallschalter der abschaltet wenn der Kochtopf sie nicht z.B. durch Verdunstung von Wasser unter Schaltpunkt hält. Eisenwürfel hätte wohl nicht genug Wärmeabfuhr um das Auslösen zu verhindern.

Für die Berechnung von Kühlkörpern in der Elektronik hat sich bisher wohl 90% der Anwender mit der elektrischen Analogie begnügt die nur DC betrachtet. Lässt sich mit Kondensator auf simples 1pol Zeitverhalten aufbohren. Und in LTSpice simulieren, in "Echtzeit" will man Temperaturverhalten selten simulieren weil zäh. Um die Paramter der Bauteile zu bestimmen hilft wohl nur Prototypen aufzubauen und Versuch mit Datenlogger der mehrere Meßpunkte aufzeichnet durchzuführen.

MfG JRD

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Rafael Deliano

Am 09.03.13 21.47, schrieb Oliver Betz:

Nein - aber hier IHMO nicht zielführend. Das beste Modell ist immer das einfachstmögliche. Und ohne dass man die Zielrichtung der Modellbildung kennt, gibt es kein "bevorzugtes" Modell. In

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ist nur mit viel Vorahnung überhaupt ein Wendepunkt zu erkennen. Insofern ist vermutlich weniger die Ordnung der Approximation des dynamischen Verhaltens oder die Frage, ob man das System mit konzentrierten Energiespeichern oder als Diffusionsproblem modelliert, der zentrale Punkt. Wenn überhaupt, dann wäre die Abweichung vom Exponentialverhalten "im Großen" ein Problem - was möglicherweise auf Nichtlinearitäten hindeutet.

Hauptproblem des OP war AFAIR ein prametervariables, möglicherweise nichtlineares Problem. Wenn man für eine solche Regelstrecke einen Regler dimensionieren soll (also das Problem nicht durch Ignorieren lösen kann), dann hilft es nichts: man muss Informationen über die Variation der Parameter und/oder die Nichtlinearität haben (das ist ja immer so in der Regelungstechnik: ohne Vorstellungen von der Regelstrecke keine Reglerdimensionierung. Selbst bei Z/N dient ja bspw. der Schwingversuch als brutalstmöglich einfache Methode, Kenntnisse zur Dynamik der Regelstrecke zu erhalten, um den Regler passend zu dimensionieren).

Die Modellierung kann wie immer über zwei Ansätze erfolgen: Identifikation oder theoretische Modellbildung. Beides verschafft relativ kurzfristig Informationen zur Schwankungsbreite der Parameter - genau die Informationen benötigt man für die robuste Dimensionierung eines Reglers. Die Nichtlinearität scheint mir nicht so dramatisch zu sein, als dass man sie nicht entweder ignorieren kann oder durch Linearisierung in den Griff bekommen kann.

V.

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Volker Staben

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