Dimensionierung Antialiasing-Filter

Hallo,

ich habe die Aufgabe ein Antialiasing-Filter zu bauen. Der ADC sampelt mit 200MHz und es sollen 12Bits genutzt werden. Bei 100MHz muss das Filter also eine Dämpfung > 72dB haben. Gewünscht ist ein Bessel-Filter.

- ein Filter welcher Ordnung lässt sich mit "normalen" Bauteilen bei dieser Frequenz noch realisieren? (Einzelstück, keine Serie)

- Das Programm FilterPro V2.0 von Texas liefert mir für ein Filter

4.Ordnung (Sallen-Key Schaltung) bei gewählten 10pF am OP-Eingang 33 und 68pF für die anderen Kondensatoren und Widerstandswerte im Bereich von etwa 60 und 600 Ohm, wobei ich 10pF am Eingang schon für etwas gewagt halte. Was ich aber nicht verstehe, ist das geforderte Gain-Bandwidth-Product der OPVs: 4,3 und 4,8 GHz. In der Programm- Hilfe findet man die Faustformel GBW sollte 100*Filterfrequenz sein. Ist das so hoch gewählt, damit die Eigenschaften des OPVs vernachlässigt werden können?

- gibt es vielleicht bessere Programme, die auch die Eigenschaften des OPVs berücksichtigen?

- hat jemand noch weitere Tipps?

Mathias Weierganz

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Mathias Weierganz
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Für real world oder eine unserer akademischen Bildungseinrichtungen ? In ersterem Fall: Wie ist das Spektrum des Eingangssignals, d.h. wieviel Eingangssignal liegt tatsächlich jenseits der Aliasingfrequenz ? In vielen Anwendungen will man das gesamte Signal haben, d.h. die samplefrequenz ist praktisch so hoch, daß man kein Filter braucht. Es gibt Fälle z.B. Sprach-PCM-Codecs wo ein steiles 3,4kHz TP-Filter ein Signal abschneidet das eigentlich ab 800 Hz langsam abfällt aber bis 7kHz reicht. In diesem Fall ist die Phase aber unkritisch, es kann ein steiles (Nicht-Bessel-)Filter verwendet werden. Also mal prüfen was das Gesamtsystem wirklich benötigt.

Ich hätte da eher an passive LC-Filter ( vgl. die Schwarte von Saal ) gedacht.

MfG JRD

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Rafael Deliano

Rafael Deliano schrieb:

aus dem Alter bin ich raus...

Das Signal kommt aus einem Photomultiplier und hat auch sehr schnelle Komponenten

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Mathias Weierganz

"TU Braunschweig, Germany" sah so verdächtig aus ...

Wenn es ein pulsförmiges Signal ist tendiert man tatsächlich zu Bessel. Formal mag es bessere Lösungen vgl LTC "Better then Bessel" geben:

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Das SC-Filter tut natürlich nicht bei der Frequenz. Lerner Filter scheinen generell keine Verbreitung zu haben, aber wohl auch in die Ecke "ideale Aliasfilter" zu rechnen.

Kann man nichtmal mit dem Oszilloskop nachsehen wie gross die Bandbreite ist ?

  • kein Filter und ein Signal das als Tiefpaß bis knapp über die Grenzfrequenz abfällt = Aliasing an der oberen Frequenzgrenze = unsauberes Signal dort. Für ein Signal das nicht über die Grenzfrequenz geht aber ideal.
  • Für Antialiasing passendes Brickwall-Filter vgl. Tschebyscheff = ca. ab der Eckfrequenz schlechte Phase = Pulssignal verformt.
  • analoges Besselfilter niederiger Polzahl mit lahmer Steilheit und zu tiefer Eckfrequenz = Puls sieht schöner aus, aber Bandbreite deutlich eingeschränkt.
  • analoges Besselfilter hoher Polzahl = man stellt beim Bau fest, daß man mit Toleranzen der Bauteile nicht klarkommt.
  • hochgetakteter ADC mit folgendem (linearem) FIR-Filter das runtersetzt Bei den gewünschten Frequenzen wohl keine Freude mehr aber sonst prinzipiell oft bessere Variante als komplexes analoges Filter

Ferner ist die Frage wieviel Entwicklungsaufwand man für 1 Stück spendieren will. Fertiges Bauteil wäre natürlich günstiger, selbst wenn mans nicht bei Reichelt kaufen kann: Teuere Hybrid die aber hier in Frequenz nicht hinkommen hätte

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Für höhere Frequenzen gibts sicherlich auch fertiges aber nicht unbedingt für die Anwendung:
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MfG JRD

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Rafael Deliano
[AA-Filter, Bessel]

Bessel Filter sind, wenn ich micht nicht ganz irre, durch Polynome n-ten Grades genährt. Es gibt eine ganz kleine und übersichtliche Formel um bei gegebenen Filteranforderungen die Ordnung auszurechnen. Sollte in jedem Filterbuch relativ weit am Anfang stehen.

Wenn es wegen der Toleranzen nicht direkt klappt kann man auch einen Pufferverstärker dazwischen schalten und somit zwei Filter mit Grad n/2 kaskadieren.

[...]

Du willst bei den Frequenzen keine aktiven Filter bauen, wirlich nicht. Der Sinn dahinter ist ja eigentlich nur, dass man sich die Spulen spart die bei niedrigen Frequenzen so groß und teuer werden. Bei den hohen Frequenzen wirst Du aber keinen (oder wenn nur sehr teuren) Operationsverstärker finden. Spulen sind da aber klein und billig. Außerdem haben die meisten aktiven Filtertopologien die fiese Eigentschaft ihre Sperrdämpfung zu verliehren wenn die Fre- quenz höher als die von dem OP-Amp verstärkbare liegt. Besselfilter mit gleicher Last- und Quellimpedanz oder welchen bei denen beide weit genug auseinander liegen lassen sich fix mit entsprechenden Tabellen dimensionieren.

Viele Grüße, Martin L.

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Martin Laabs

Martin Laabs schrieb:

Ja, das merke ich auch gerade. Ich habe jetzt das Programm AADE- Filter Design and Analysis V4.0 entdeckt

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und experimentiere damit etwas rum.

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Mathias Weierganz

Rafael Deliano schrieb:

PTB nutzt den Newsserver der TU-BS

Direkt am Photomultiplier hat man Anstiegszeiten im ns-Bereich. Die Herren Physiker möchten am liebsten ein Filter, das bis 100MHz alles durchlässt und dann nichts mehr...

Das Problem ist, dass die Anforderungen noch nicht richtig klar sind. Wir wollen erst mal ein Filter realisieren und dann sehen wie weit wir damit kommen.

mal reingeschaut: Die Gruppenlaufzeit ist nicht so, wie gewünscht.

Danke für die Anregungen

Mathias.

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Mathias Weierganz

Hallo,

Mathias Weierganz schrieb:

das ändert einiges. Also die Dinger haben zum Teil sauschnelle Anstiegsflanken. Aber daraus schließe ich, dass die Signalform eigentlich völlig egal ist, denn ausgewertet wird Beim Photomultiplier üblicherweise nur die Ladung, also das Integral über der Zeit. Damit sind auch jegliche Artefakte, die dieses Integral nicht zu sehr beeinflussen bzw. nur linear abschwächend wirken zweitrangig. Die mit Abstand einfachste Methode, das zu tun, ist das Signal gleich sofort im Filter zu integrieren. Das wird allerdings genau dann problematisch, wenn die Repetitionsrate sehr hoch wird und die Impulse nicht mehr sauber getrennt werden. Dann arbeitet man mit Pole-Zero-Cancellation-Filtern, um die Pulsform zu verdichten. Wenn man alles richtig gemacht hat, recht ein einziger Maximalwert-ADC-Zyklus, um das Integral zu bekommen.

Marcel

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Marcel Müller

Mathias Weierganz schrieb:

Hallo,

diese Vorgabe reicht eigentlich noch nicht für den Filterentwurf, man braucht ja auch noch die Frequenz wo der Durchlassbereich aufhören soll. Je steiler dr Übergang sein soll umso mehr Aufwand ist beim Filter nötig.

Bye

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Uwe Hercksen

Mathias Weierganz schrieb:

Hallo,

eben das werden sie sich verkneifen müssen, der Aufwand dafür geht gegen unendlich...

Bye

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Uwe Hercksen

Aber einen eigenen Organization:-Header darfst Du doch sicher trotzdem setzen?

Gru=C3=9F, Enrik

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Enrik Berkhan

Hallo Mathias,

Haben sich die Herren Physiker auch schon mal Gedanken darüber gemacht, wie stark die Frequenzanteile oberhalb von 100 MHz sind? Vor allem diejenigen, die nicht vom Signal selbst stammen (die produzieren nämlich kein störendes aliasing, solange sie nicht quasistationär über die Pulsbreite sind). Das mit dem Aliasing ist ein oft falsch verstandenes Phänomen. Die Behauptung, man bräuchte bei halber Samplingfrequenz bereits eine Dämpfung entsprechend des Dynamikbereiches des AD ist schlichter Unfug. Das würde nämlich voraussetzen, dass die störende Frequenz genau bei fs/2 liegt und 0 dB Pegel hat. Hat sie einen höheren Pegel, ist das Filter zu schwach, liegt die Störung kleiner, ist es gnadenlos überdimensioniert. Ausserdem sollten selbst Physiker wissen, dass es in der realen Welt keine Filter gibt, die ideal steilflankig sind.

Einen solchen Auftrag kann man nur ablehnen, weil zum Schluß ist man der Schuldige, weil man das Filter nicht gut genug gemacht hatte... Nee, die sollen sich einigen, was sie wirklich haben wollen, dann wird kalkuliert, was es kosten wird, dann sinken die Ansprüche meist in machbare Bereiche und man ist frei raus.

Marte

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Marte Schwarz

Marte Schwarz schrieb:

Hallo,

man sollte halt das Spektrum des Signals bis zu den 100 MHz kennen. Wenn das Signal gutmütiger ist kann man sich auch wenig Sperrdämpfung und einen recht breiten Übergangsbereich erlauben, das würde den Filteraufwand deutlich verringern.

Bye

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Uwe Hercksen

Hallo Uwe,

Du meintest das Spektrum über 100 MHz, nicht? Selbst dann. Signalanteile wegen scharfer Rechteckflanken jenseits der 100 MHz werden die Messung auch ohne Aliasfilter nicht stören. Diese Frequenzanteile sind auf das Signal gesehen nicht stationär und können daher per se kein Alias produzieren.

Marte

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Marte Schwarz

Hallo Mathias,

Mathias Weierganz schrieb:

ja das ist ganz nett, für LC-Kettenleiter und hohe Frequenzen. Nur das Filter das Du suchst wird vermutlich nicht dabei sein. Die Forderung nach konstanter Gruppenlaufzeit und steilem Übergang könnte man mit Bessel und Nullstellen im Sperrbereich erfüllen, diese Methode scheint weniger bekannt zu sein. Dafür gibt es Tabellen bis 7. Ordnung und 80 dB Sperrdämpfung, für höhere Ordnung werden wohl die Bauteilanforderungen zu hoch.

Mit OPs habe ich so ein Filter 5. Ordnung letztens entworfen, es geht grade noch so bis 1.2 MHz, dann wird es bei elliptischen Filtern schwierig. Zum Aufbau ist es jedoch nicht gekommen, da ein fertiges durchstimmbares Filter aufgetrieben werden konnte. 100 MHz Grenzfrequenz wirst Du mit aktiven Bauelementen beim besten Willen nicht schaffen.

Dieser Filtertyp hat im Durchlaßbereich die Eigenschaften von Bessel, auch konstante Gruppenlaufzeit, der Übergang ist mit Butterworth vergleichbar und die Sperrdämpfung mit Cauer, Überschwingen tritt keines auf. Bei Burr-Brown wurden mal bei Audiocodecs so ähnlich vorgegangen. Die andere Möglichkeit mit Allpaß-Kompensation bei LTC (better than bessel) hat Rafael erwähnt.

Wie man von den Polynomen auf LC-Kettenleiter kommt, weiß ich leider nicht, grundsätzlich müßte das möglich sein. Nur habe ich keine Literatur dazu.

mfg. Winfried

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Winfried Salomon

Mathias Weierganz schrieb:

Ich würde dennoch nochmals genau über Rafaels Frage nachdenken. Für Physiker gilt halt die Assoziation PMT = sauschnell. Ich würde erst mal genau nachsehen, welcher Typ verwendet wird. Abgesehen von den Miniaturdingern haben die meisten gar nicht so unendlich schnelle Anstiegszeiten und hohe Grenzfrequenzen.

Schnelle Anstiegsteiten haben vorallem die linear fokussierten und circular cage, dort kann das 2 ns und weniger sein. Bei den ebenfalls sehr verbreiteten Box/Grid und venetian blind (deren Vorteile mir jetzt nicht ganz klar sind) liegen die Anstiegszeiten eher bei 10-15 ns. Klar, es gibt MCP-Geraffel mit deutlich unter 1 ns, aber diese PMTs respektive die dazu gehörigen Budgets müsste man erst mal haben.

Nach Anschlusskabel hat man idR eh nichts mehr oberhalb 100 MHz. Versuch mal optische Signale oberhalb 100 MHz zu messen, das wird zuerst nervig, dann teuer. BTDT. Bei transparenter Kathode geht das kaum mehr ohne Abdeckung auf kleines Fenster, gewölbtes Fenster braucht es dann eh. Subnanosekundenzeug braucht Koax-Durchführung, ... Bitte schreiben sie ihre Wünsche auf die Rückseite eines Blanko- Schecks.

Dreipolige Besselfilter sind mit Spannungsfolger realisierbar, das sollte auch bei hohen Frequenzen noch hinzukriegen sein.

--
mfg Rolf Bombach
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Rolf_Bombach

Rolf_Bombach schrieb:

Genau darüber denke ich gerade nach und deswegen ist bei mir gerade etwas Sendepause (auch weil potentielle Auskunftsgeber jetzt im Urlaub sind). Aber die von den verschiedenen Postern gegebenen Anregungen haben mich schonmal weitergebracht und auch dafür gesorgt, mich mal wieder mit den Grundlagen zu beschäftigen.

Mathias

Und mal ein großes Lob für diese Newsgroup. Sie hat mir schon oft bei Problemen geholfen.

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Mathias Weierganz

Das klingt gerade hochinteressant. Hast Du dazu eine Literatur oder PDF-Empfehlung? Mir ist nämlich immer noch der Spruch eines Professors in den Ohren der sagte, dass konstante Gruppenlaufzeit immer ein nichtkausales System oder Orakelbausteine vorraussetzt.

Viele Grüße, Martin L.

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Martin Laabs

Konstante Gruppenlaufzeit bedeutet lineare Phase, zu diesem Thema sollte sich in jedem Lehrbuch was finden lassen. Für uns DSVler ist das Alltag, ein reales Filter mit einer symmetrischen Impulsantwort ist mir allerdings auch noch nicht untergekommen. :-)

Gruß Henning

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Henning Paul

Hallo Mathias,

Solche Forderungen haben wir im Ultraschall laufend. Gemacht wird das z.B so: Man setzt noch einen zweiten Wandler daneben, laesst periodisch und automatisch Phase, Gain und Offset abgleichen falls noetig, und hat nun schon mal 400MS/sec.

Jetzt reicht ein relativ popeliges Bessel Filter.

Noch eine Anregung: Ich wuerde das Filter in jedem Fall passiv aufbauen, nicht mit Opamps. Geht schneller, ist billiger, braucht weniger Strom und wird nicht heiss.

Ein "Brick" Filter mit elliptischen Tricks und so, um diesen Job mit einem Wandler zu erledigen, fuehrt zu gar foerchterlichen Verzerrungen in den Gruppenlaufzeiten. Immer wenn jemand darauf bestehen moechte, schalte ich den Analyzer mal kurz auf Group Delay und schicke den Plot rueber. Das kuriert dann ;-)

--
Gruesse, Joerg

http://www.analogconsultants.com
Reply to
Joerg

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