Übertragungsfunktion in der komplexen Ebene

Hallo!

Ich habe eine paar Fragen zur komplexen Ebene der Laplacevariable p:

Wenn ich eine beliebige Übertragungsfunktion F(p) in einen Kettenbruch zerlege, kann ich mir das Ergebnis als eine reele Schaltung interpretieren. Habe ich mir vorher die Pol und Nullstellen in der komplexen Ebene angeschaut, lassen sich auch einige Aussagen z.B über Stabilität, Amplitudengang im Bodediagram (bei sigma = 0 für |Z|) usw.

Wann ist eine Übertragungsfunktion überhaupt als analoge Schaltung realisierbar? (hab da z.B eine Regel, dass sich Pol und Nullstellen abwechseln müssen, warum?)

Zudem verstehe ich die allgemeine Übertragungsfunktion U2 / U1 als Definition von Ausgang zu Eingang, wäre also bei der Interpretation der Übertragnungsfunktion als komplexen Widerstand Z = U / I der Strom die Eingangsfunktion und U die Ausgangsfunktion. Also wäre zur Realisierung eine Stromquelle als (Ersatz-)Eingangsquelle sinnvoll?

Gruß,

Reinhard Janssen

Reply to
Reinhard Janssen
Loading thread data ...

Ja. Im Normalfall aber für Spannungen. z.B. simpler RC-Tiefpaß:

---R---+-- | C | -------+--

Der Sender hätte Innenwiderstand Null, der Empfänger sehr hohen Innenwiderstand. Es gibt bei Hf-Filter auch Schnittstellen die einheitlich auf 50 Ohm ausgelegt sind.

Würde im obigen Fall da sehr hochohmig anderes Ergebnis liefern.

Impedanzen als Vierpole mags auch noch geben, aber das ist wohl nicht der hier gesuchte Fall.

Bei passiven Baugruppen sind zwar Resonanzen und Kerben möglich ( vgl. komplizierte LC-Filter a la Cauer ). Aber Stabilität kommt erst ins Spiel bei Regelungstechnik, Operationsverstärker, wenn man Eingang auf Ausgang zurückverbindet und aktive Schaltung hat die Energie zuführt. Beschreibungen zu Stabilität in den Handbüchern zu Regelungs- technik sind recht umfangreich. D.h. der Bereich ist nicht so einfach wenn man Baugruppen hat deren Bauelemente keine festen Werte haben und von denen man allgemeine Aussagen will. Wenn man reale Baugruppe hat und Amplituden & Phasengang an aufgeschnittenem Regelkreis messen kann wird man z.B. über Gain-, Phase-Margin schnell Aussagen über Stabilität machen können.

In Lehrbuch bei Stichwort LTI ( linear, time-invariant ) nachschlagen. Causal/Noncausal usw. und ähnliche Einschränkungen gäbs auch noch. Es gibt eigene Bücher zur Filtersynthese. In der Praxis ist dann immer noch die Frage ob die Approximation mit einer endlichen Zahl von Bauteilen möglich ist und ob diese Bauteile überhaupt technisch sinnvoll, handelsüblich sind.

MfG JRD

Reply to
Rafael Deliano

Hallo Reinhard,

"Reinhard Janssen" schrieb im Newsbeitrag news:d3h84o$cb9$02$ snipped-for-privacy@news.t-online.com...

interpretieren.

Du meinst sicher die Kettenleiter, die lassen sich als Kettenbruch entwickeln. Es gibt Tabellenbücher, in denen diese normiert für verschiedene Filterfunktionen aufgeführt sind. Allerdings mit beliebigen Übertragungsfunktionen..... , ja mit Polynomdivision ohne Rest müßte das gehen. Falls ein Rest bleibt, müßte es IMHO schwierig werden, dann wäre der Weg sicher falsch. Bei aktiven Schaltungen könnte das die Regel sein, aber das jetzt nur als Vermutung.

Bei passiven Schaltungen fallen mir dunkel die Foster'schen Reaktanzsätze ein. Insgesamt ist das Thema sehr schwierig und nennt sich Netzwerktheorie oder so. Die Realisierbarkeitsbedingungen stehen z.B. in

Rupprecht Netzwerksynthese Springer

und mit Übungsaufgaben

Unbehauen/Mayer Netzwerksynthese in Beispielen I und II Oldenbourg

drin. Der Rupprecht ist sehr gut, aber der absolute Hammer, Kenntnisse der Funktionentheorie könnten nützlich sein. Aus unerfindlichen Gründen besitze ich diese Bücher, hab da fast nie reingeschaut ;-).

Was die Stabilität betrifft, so dürfen die Wurzeln der Nennerpolynome eben nur negative Realteile haben. Wenn mich nicht alles täuscht, kann man mit der sogenannten Hurwitz-Determinante die Stabilität bestimmen, umgekehrt kann man bei gegebener Übertragungsfunktion eine Schaltung synthetisieren. Aber mehr kann ich jetzt dazu nicht aus dem Ärmel schütteln.

eine

Welche Größen Du für eine Übertragung benutzt, bleibt Dir überlassen. Übrigens sind Strom- und Spannungsquellen mit Innenwiderstand dual, Du kannst sie ineinander umrechnen. Das hängt davon ab, was Dir in der praktischen Ausführung lieber ist, das Verhalten ändert sich nicht.

Achso, Du meinst Zweipole, ja das sind dann Impedanzen. Zur Stabilität würde ich hier sagen, der Realteil der Impedanz muß >= 0 sein. Die Betrachtung wird etwas einfacher als bei Vierpolen sein, sonst wird sich IMHO nicht viel ändern.

mfg. Winfried

Reply to
Winfried Salomon

Hallo, Reinhard,

Reinhard Janssen schrieb:

Kettenbruch? Also etwas in der Form

1 + (1 / (1 + (1 / (1 + (1 / ( 1 + ... ?

Die Realisierbarkeit von Übertragungsfunktioen ist einer Reihe von Einschränkungen unterworfen. Meist geht man wohl auch den umgekehrten Weg - d. h., es ist ein vorgegebenes reales System durch eine Übertragungsfunktion (näherungsweise) zu modellieren.

Einige Einschränkungen:

das Modell muss einen Polüberschuss haben, also mindestens einen Pol mehr als Nullstellen aufweisen. Andernfalls hätte das Modell eine unendlich hohe Bandbreite, die reale Systeme nicht aufweisen können.

Übertragungsfunktionen werden i.d.R. implizit für LTI-Systeme angeschrieben. Auch diese Eigenschaften sind in der Realität nicht vollständig gegeben. Die Forderung nach Linearität wird in der realen Welt spätestens durch die ausgangsseitigen Aussteuerungsgrenzen verletzt, auch die Forderung nach Zeitinvarianz ist nicht exakt einzuhalten.

Konzentrierte Pole und Nullstellen in Übertragungsfunktionen setzen ideal konzentrierte Energiespeicher (ideale Kapazitäten o.ä.) voraus. Auch diese Forderung lässt sich vielfach nicht grundsätzlich, sondern in mehr oder weniger guter Näherung einhalten. Systeme mit Laufzeiten lassen sich bspw. durch Modelle mit einer endlichen Anzahl von Polen und/oder Nullstellen nicht vollständig beschreiben.

Wie bzw. wo abwechseln?

Die Übertragungsfunktion ist definiert als Quotient der Laplce-Transformierten von Ausgangs- und Eingangssignal. Dabei wird davon ausgegangen, dass das Eingangssignal als unabhängige Größe das (vom Eingangssignal abhängige) Ausgangssignal kausal bewirkt.

Selbstverständlich kann man auch einen Strom-Spannungs-Umsetzer durch eine Übertragungsfunktion charakterisieren. Im realen Experiment muss man dann eine (hinreichend ideale) Stromquelle zur Generierung des Eingangssignals verwenden. Ist das Ausgangssignal eine Spannnung, so weist die Übertragungsfunktion die Dimension eines Elektrischen Widerstands auf. Eingangs- und Ausgangssignal können aber grundsätzlich jede beliebige Dimension tragen.

Gruß, Volker

--
Volker Staben

Fachhochschule Flensburg - Flensburg University of Applied Sciences
Institut für Elektrische Energiesystemtechnik
Kanzleistraße 91-93       D-24943  Flensburg
T +49-461-805-1392        F +49-461-805-1528
Reply to
Volker Staben

Hallo!

Vorhab: ob ich jetzt eine Spannungsquelle oder eine Stromquelle verwende ist natürlich ineinander umrechenbar, somit hat sich der Teil meiner Frage erledigt.

Ich wollte viehlmehr wissen, welche allgemeinen Sätze für den Blindwiderstand X eines beliebigen Reaktanzzewipols gelten und woher sie kommen. Dabei habe ich durch die bereits geposteten Antworten etliche Hinweise bekommen. Dafür vielen Dank.

Zum Beispiel habe ich gefunden:

  1. Der Differentialquotient dX/dw ist immer positiv
  2. X durchläuft in Abhänigkeit von der Frequenz abwechselnt Nullstellen und Pole
  3. Bei der Frequenz 0 ist X entweder 0 oder - inf
  4. Bei unendlicher Frequenz wird X entweder 0 oder +inf
  5. Durch die Lage der Nullstellen und Pole ist X(w) bis auf eine Konstante vollständig bestimmt.
  6. Für kanonische Schaltungen gilt außerdem: Die Anzahl der Nullstellen und Pole (eingeschlossen die bei den Frequenzen 0 und inf) ist stets um Eins größer als die Anzahl der Schaltelemente des Zweipols

Gruß, Reinhard

Reply to
Reinhard Janssen

Hallo Volker,

[.....]
[.....]

bin nicht sicher, ob das so stimmt, bei Hochpässen oder Cauer- (elliptischen) Filtern ist das IMHO nicht so. Ideale konzentrierte Bauelemente vorausgesetzt würde ich eher sagen, der Zählergrad darf nicht größer als der Nennergrad werden, da sich sonst nicht realisierbare Differenzierer ergäben.

Bei realen Systemen wird es natürlich schwierig. Z.B. habe ich mich vor einiger Zeit mal mit einem Antialias-TP 13. Ordnung für einen 14 Bit /65 MSPS AD-Wandler beschäftigt, Sperrbereich von 30 - 100 MHz etwa. Es war ein LC-Kettenleiter in SMD, Filterfunktion so etwas wie Tschebyscheff oder Legendre mit max. 0.5 dB Ripple. Dabei zeigte sich, daß in Firmen, die sowas verkaufen (lieber ohne Namen, es hat nicht funktioniert) und auch sonst im erreichbaren Umfeld keinerlei know how über diesen Bereich vorliegt. Ich mußte alles selber machen. Dazu habe ich mir 1 Programm zur Filteroptimierung selber geschrieben, das die Güten der Induktivitäten berücksichtigt, ein Tabellenbuch hilft einem da nicht weiter. Hinzu kommt noch das feed through, das die Sperrdämpfung begrenzt, habe da unerwünschte Koppelung der Induktivitäten angenommen. Da wird es wirklich schwierig und ich befürchte, daß in diesen klassischen Disziplinen im großen Stil know how verlorengeht.

mfg. Winfried

Reply to
Winfried Salomon

Hallo Reinhard,

"Reinhard Janssen" schrieb im Newsbeitrag news:d3mmg1$4cb$03$ snipped-for-privacy@news.t-online.com...

ist

worum geht es denn da, um das Verständnis von Vorlesungsstoff oder um ein Projekt? Als Literatur habe ich hier noch gefunden:

Pregla/Schlosser Passive Netzwerke Teubner

ist aber sehr komprimiert, da werden die ganzen Netzwerksätze erklärt. Aktuellere Literatur kann ich nicht empfehlen, da ich schon in einem höheren Semester bin ;-).

und

und

Du kannst versuchen, anhand der Literatur die Beweise der Sätze nachzuvollziehen, Kenntnisse der Funktionentheorie sind dabei erforderlich. Vermutlich wird es sehr wenige Leute geben, die da so drinstecken, daß sie das sofort erklären können, mich eingeschlossen.

mfg. Winfried

Reply to
Winfried Salomon

Hallo Winfried,

Winfried Salomon schrieb:

Auch wenn Zähler- und Nennerpolynom gleichen Grades sind, ist das System nicht realisierbar, da sein Amplitudengang für unendlich hohe Frequenzen konstant bleibt. Also hätte das System eine unendlich hohe Bandbreite - nicht realisierbar.

GRUß, Volker.

--
Volker Staben

Fachhochschule Flensburg - Flensburg University of Applied Sciences
Institut für Elektrische Energiesystemtechnik
Kanzleistraße 91-93       D-24943  Flensburg
T +49-461-805-1392        F +49-461-805-1528
Reply to
Volker Staben

ElectronDepot website is not affiliated with any of the manufacturers or service providers discussed here. All logos and trade names are the property of their respective owners.