Systemtheorie / Faltung?

Hallo,

ich habe ein kleines Problemchen:

Ich habe eine 'Apperatur', eine Eingangsgröße und eine Ausgangsgröße. Ein- und Ausgangsgrößen liegen als gemessene Daten vor (Signal/Zeit).

Die Eingangsgröße sieht typischerweise wie eine Impuls- oder Diraczacke aus, die Ausgangsgröße im Prinzip auch, nur halt viel 'verwaschener'. Das erinnert natürlich an die Systemtheorie, wie man sie z.B. aus der Elektrotechnik. Demnach hängen Eingangs- und Ausgangsgröße über eine Faltung mit einer 'Übertragungsfunktion' zusammen. Das ist auch in meiner Situation sicher der Fall, wenn das System auch nicht-eletrisch ist. Das, was das so ein System mit der Eingangsgröße macht, steckt in der Übertragungsfunktion. Die gilt nicht für diesen Dirac-Impuls, sondern immer. Soweit klar...

Nun, die physikalischen Prinzipien in meiner 'Apperatur' sind nicht ohne weiteres zugänglich, sprich, man kann nicht einfach so eine Übertragungsfunktion ausrechnen. Ich muss also Eingangs- und Ausgangsgröße entfalten (numerisch).

Nur habe ich überhaupt kein 'Gefühl', wie so eine Übertragungsfunktion konkret aussieht. Das ist völlig neu für mich, jedenfalls im Praxisbezug.

Gibts vielleicht irgendwo eine Zusammenstellung, welches System welche Übertragungsfunktionen hat und wie die Impulsantwort dieser Systeme aussieht?

(Xpost nach d.s.p. und d.s.e. -- bitte selber F'up2 setzen. Ich lese in beiden Gruppen mit)

N.

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Das BMW E28 Forum:
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Nico Hoffmann
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Bist du gezwungen, Diracstösse zu verwenden? Da Ermitteln der Übertragungsfunktion ist recht einfach möglich, wenn man Einangsgrössen kennt und deren Verhältnis bildet. Bei einfacheren Systemen ist das sehr viel einfacher als das bestimmen von Faltungsi tegralen.

Robert

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R.Freitag

Also mein 'Gefuehl' sagt mir das man mit Diracimpulsen im Praxisbezug nicht recht weiterkomen wird. .-)

Oh ja, es gibt ganz viele dicke Buecher ueber Regelungstechnik wo man darauf eingeht. Du tust mir jetzt schon leid.

Ich erinnere mich uebrigens noch dunkel das man in der Praxis anstatt eines Diracimpulses eine Sprungfunktion anwendet. Koennte daran liegen das man keine Diracgeneratoren kaufen kann.

Olaf

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D.i.e.s.S. (K.)
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Olaf Kaluza

Deconvolution ist nur fällig, wenn man die Eingangsgrösse nicht direkt messen kann.

Das System als lineares Filter annehmen. Wenn später sein soll: Input * Filter = Output Dann jetzt: Output / Input = Filter Signal im Zeitbereich hilft einem da erstmal natürlich nicht aber die FFT ist bereits erfunden worden.

Die Anregung ( Input ) bestimmt in welchem Bereich das Filter korrekt bestimmbar ist. Ideale Signale sind echter Dirac-Impuls oder weisses Rauschen weil sie breitbandiges Spektrum haben. Ein Pseudo-Dirac ist meist nur ein digitaler Puls der Spektrum wie Telegrafensignal hat. D.h. Nullstellen. Dort wo der reale Puls keine Energie ins System einspeist kann aber hinten auch nichts rauskommen, da gibts keine guten Daten fürs Filter. Deshalb wird man den Versuch mehrmals mit Pulsen verschiedener Breite machen um die Position der Nullstellen rumzuschieben. Über Systemidentifikation insbesondere bezüglich Regelungstechnik gibts Bücher.

MfG JRD

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Rafael Deliano

Nico Hoffmann schrieb:

Wenn wenigstens klar ist, daß es sich um ein LTI-System handelt, kann man doch ohne große Probleme folgendes machen:

E=Eingangsgröße, A=Ausgangsgröße, H=Systemfunktion

A=E#H (#=Faltung im T-Raum)

geeignete Transformation F (z.B. Fourier)

F(A)=F(E)*F(H) (*=Multiplikation im Frequenzraum)

Also: F(H)=F(A)/F(E)

Mit der Rücktransformation von F(H) bestimmt man dann H, also die Übertragungsfunktion

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Andreas Marshall

Hallo Nico,

wenn Dein Eingangssignal wirklich eine Diracfunktion, und das unbekannte System linear und zeitinvariant ist, dann ist das Ausgangssignal bereits die Impulsantwort des Systems. Brauchst Du nur noch Fourierzutransformieren (neue deutsche Rechtschreibung vermutlich: Fourier zu transformieren) und schon hast Du Deine Übertragungsfunktion.

Viele Grüße,

Dieter Michel

Reply to
Dieter Michel

Das "typischerweise" ist wohl der Haken an der Sache ;-)

Zunächst mal: Ich gehe bei deratiger Forschung von Computerunterstützung aus, also digitale Signalverarbeitung:

Ack.

Allerdings Vorsicht:

Die Übertragungsfunktion H(s) ist definiert als

Ausgang(s) = H(s) Eingang(s)

Wenn Deine Black Box nichtlinear ist (Oberwellen, d.h. aus einer Frequenz werden mehrere, oder Mischprodukte), dann versagt dieses Konzept.

Wenn man einen idealen Dirac Puls als Eingangssignal hat, braucht man zur Bestimmung der Übertragungsfunktion lediglich das korrespondierende Ausgangssignal hinreichend schnell (Nyquist!) zeitlich abzutasten und die Abtastwerte in den Frequenzbereich zu transformieren, dabei hilft z.B. Herr Fourier mit seiner Transformation, und schon liegt die Übertragungsfunktion vor. Denn was die Impulsantwort im Zeitbereich ist, ist die Übertragungsfunktion im Frequenz- bereich, der Zusammenhang ist eben (mit der nötigen Vorsicht wie Fensterfunktionen!) Fourier.

Es gibt auch Geräte, die so arbeiten (TDR), aber es ist die Ausnahme, der ganz ideale Dirac-Impuls läßt in der Praxis noch auf sich warten ;-)

Eine weitere Möglichkeit ist die Integration der Diracfunktion über die laufende Zeit, es resultiert ab dem Dirac-Impuls ein Sprung von Null nach Eins, weil das Integral über den Puls bekanntlich Eins ist. Ergo läßt sich die Übertragungs- funktion im Zeitbereich wieder durch Abtastung bestimmen, danach wird allerdings zwecks Rück-Ableitung die Differenz zwischen jeweils dem aktuellen und vorherigen Sample bestimmt. Das ganze kann dann wieder in den Frequenz- bereich transformiert werden.

Offenbar kannst Du Dir aber die Form des Eingangsimpulses nicht wirklich aussuchen. Dann hilft eine Faltung mit ihm, wie schon von Andreas und Rafael angedeutet.

In der Praxis verwendet man in solchen Fällen *adaptive Filter*, wenn es darum geht, irgendein "Ding" (z.B. ein bockiges Telefonkabel, was sich durch Beitritt zur Kabelgewerkschaft und spontane Frequenzstreiks sowie laiute Protestechos gegen die Verwendung als High Speed Medium wehrt ;-) übertragungstechnisch in den Griff zu bekommen, von dem man nicht wirklich viel weiß.

Das geht so, dass man ein bekanntes Signal in die Black-Box einspielt und dem Filter die Aufgabe gibt, das unbekannte Ausgangssignal *nachzubilden*. Bei den üblichen FIR Filtern steht dann die Impulsantwort in dem Zeitbereich unmittelbar in den Filterkoeffizienten und kann bedarfsweise in den Frequenzbereich transformiert werden.

Der adaptive Filter verbessert sich dabei schrittweise (er lernt), wobei es dabei sehr einfache Algorithmen gibt (LMS) und solche, die schneller lernen (RLS), weil sie die Vergangenheit nicht nur aufsummiert in den aktuellen Koeffizienten, sondern als Autokorrelationsmatrix speichern.

Wichtig: Dieser Filter ist natürlich bezüglich der Frequenzen begrenzt, nach oben (Abtastrate) schlägt Herr Nyquist zu, die maximal in der Übertragungsfunktion bestimmbare Frequenz ist kleiner der Hälfte der Abtastrate, nach unten durch das Zeitgesetz der Nachrichtentechnik, sprich hier dem in den Frequenzbereich transformierten Abstand zwischen erstem und letztem Koeffizienten. Dabei ist die Anzahl der Koeffizienten im Wesentlichen durch die verfügbaren Resourcen (Rechenleistung, Speicher) begrenzt. Was auch klar ist: Bei nichtlinearen Systemen schaut ein adaptiver Filter i.a. alt aus.

Einfach eine Zuordnung einer komplexen Zahl zur aktuellen Frequenz. Also etwas wie:

G(omega) = 1 / (1 + i omega R C)

für eine Tiefpass-Übertragungsfunktion 1. Ordnung.

- Häufig auch als G(s) = 1 / (1 + s) geschrieben, dabei wurde s = i omega (Laplace) angewendet und normalisiert => R C fällt raus.

Soetwas kann man auch mittels z-Transformation sehr schön in digitale IIR Filter umsetzen, die rekursiv arbeiten und nur ganz wenige Koeffizienten brauchen. Es gibt auch Algorithmen, die solche Filter adaptiv anpassen, allerdings ist dies nicht immer möglich. Ein IIR kann zwar die Begrenzung des Zeitgesetzes durch Rekursion umgehen, kann dafür aber mit begrenztem Aufwand nicht alle Übertragungsfunktionen darstellen. Umgekehrt lernt man ggf. aus der IIR Übertragungsfunktion ggf. mehr als aus dem Koeffizienten-Zahlensalat für die Physik hinter der Black Box.

Eine vollständige Umsetzung der o.g. Funktion in FIR Filter ist hingegen wegen der o.g. Begrenzungen nicht möglich, man kann nur den Frequenzgang eines FIR mittels Fourier und z.B. Methode der kleinsten Quadrate möglichst optimal anpassen. Die Tücke liegt dabei im Allpass.

D.h. die Übertragungsfunktion innerhalb gewisser Frequenz- grenzen kann natürlich auch als Zahlenreihe dargestellt werden, das gilt z.B. für das o.g. adaptive Filter, das sich wirklich an beliebige *lineare* Black Boxen innerhalb der Frequenzgrenzen anpassen kann,

Es gibt bergeweise Literatur über elektronische Filter: Leicht verständlich:

- Hoppe, Peter; Übertragungsverhalten analoger Schaltungen; Teubner Beliebig tief:

- Mildenberger, Otto; Entwurf analoger und digitaler Filter; Vieweg Adaptive Filter:

- G. Moschytz, M. Hofbauer; Adaptive Filter;Springer auch dazu, plus Wiener, Kalman & Co:

- Hänsler, Eberhard; Statistische Signale, Springer Komplexe Signale:

- Hoffmann, Rüdiger;Signalanalyse und -erkennung;Springer

Dazu noch jede Menge Literatur über digitale Signalverarbeitung, Auto-/Kreuz- usw. Korrelationen, Joint Time Frequency Analyse usw.

Hope it helps ...

Gruß Oliver

--
Oliver Bartels + Erding, Germany + obartels@bartels.de
http://www.bartels.de + Phone: +49-8122-9729-0 Fax: -10
Reply to
Oliver Bartels

Oliver Bartels schreibt:

Wens interessiert: Ich bin zumindest vorerst mal bei der Entfaltung hängengeblieben.

Dazu verwende ich die Singulärwertzerlegung, denn dieses Verfahren ist offenbar relativ stabil (und ausserdem gibt es Vorarbeiten).

Derzeit spuckt mein Algorithmus eine Übertragungsfunktion im Zeitbereich aus, die wohl auch einigermassen stimmt.

Um die werde ich aber trotzdem nicht herumkommen :-)

F'up2 poster.

N.

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Das BMW E28 Forum:
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Nico Hoffmann

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