Hallo Gemeinde,
eine Warnung als erstes: l=E4ngliche Schilderung der Reparatur eines Hifi-Ger=E4ts mit folgendem Ooops folgt... wen sowas langweilt,=20 n=E4chstes Posting lesen.
Vor einiger Zeit habe ich mir in der Bucht einen gut erhaltenen=20 Yamaha-Receiver CR-1020 geschossen. Das ist eine (fast-) TOTL-Ger=E4t=20 der Jahre 1977-79 und in meinen Augen durchaus erhaltenswert=20 (4-fach Drehko-Tuner, genug Leistung, Echtholz-Geh=E4use, wertiger Aufbau= ).
Wie das nach knapp 30 Jahren so ist, hat die Kiste die eine oder andere Macke. Kratzst=F6rungen waren mit einer Tuner-600 Anwendung zu beheben, der Bias der Endstufe wurde eingestellt, die Birnchen erneuert usw. Leide= r gab es nach wie vor sporadische Ausf=E4lle, die nach Hinweisen in einem einschl=E4gigen Forum auf das Netzteil zur=FCckzuf=FChren sind. Tipps in Form eines originalen Service-Bulletins von Yamaha zum Thema gabs auch.
Also habe ich mir eine gro=DFe T=FCte nagelneuer 105 Grad-Elkos von Rubyc= on bestellt und losgelegt. Die Austauscherei von ca. 110 Elkos ging recht problemarm, wenn auch mit viel Gefummel verbunden, da man die Kiste ziemlich zerlegen muss. Irgendwann war mein P=E4ckchen leer und die T=FCte mit Alt-Teilen voll, dann ging es an das Zusammenbauen. Auch das ging problemarm, die Versorgungsspannung-Anschl=FCsse der Baugruppen wurden auf Kurzschl=FCsse durchgemessen und schliesslich mit erwartungsvoller Spannung der Netzschalter bet=E4tigt.=20
Ein Klick, die L=E4mpchen gehen an, nach ca. 2s klickt auch das Schutzrelais der Lautsprecher, was will man mehr. Kurz mal die stabilisierten Spannungen gemessen, alles im gr=FCnen Bereich. Zwei 6 Ohm-Lastwiderst=E4nde an den Ausgang angeschlossen, 1000Hz-Sinus auf den Eingang, mal sehen, was der Oszi sagt. Ein bildsch=F6ner Sinus am Ausgang, bei ca 35Vss beginnt die untere Halbwelle zu klippen.
35Vss? An 6 Ohm (ich hab halt zwei dicke 6Ohm-R...)? Bisschen wenig, das sind gerade mal 25 Watt... die Kiste sollte an 6 Ohm minimal 100W/Kanal bringen.Hmmm... messen wir mal die Versorgungsspannung. Naja, ca. 2Vss Ripple auf der Versorgung des Endverst=E4rkers bei Vollast, ist ja ok. Spannung an UB+ und UB- der Endstufe +88V bzw. -89V.=20
WIEVIEL?
+88 bzw. -89V... Notaus.Dascha man bisschen viel, oder? Wo kommt das denn her? Spannungsregler st= eht auf 230V... Kurz eingeschaltet, Spannung an den Trafoanschl=FCssen gemess= en, da stehen 2 x 35V an (klassische Schaltung mit Br=FCckengleichrichter und Mittenanzapfung). Spannung an den beiden Elkos je knapp 90V. Ooops, das sind 15.000yF-63V Typen...=20
Kopfkratzen...=20
Ok, alles abl=F6ten, bis man die Netzteilplatine nackt in der Hand hat. Da sind jetzt nur noch drei Kabel angeschlossen, die 2x35V des Trafo und=20 die Mittenanzapfung. Einschaltet, im Leerlauf knapp +/- 95V auf den Ladee= lkos.
WTF!
Ok, wir werfen einen genaueren Blick ins Schaltbild... Sieh da, der L=F6t= k=FCnstler (ich) hat sich vertan. Der Trafo hat zwei Sekund=E4rwicklungen, eine davo= n die=20 Versorgung der Endstufen mit Mittenanzapfung. Die andere hat keine, es si= nd zwei blaue Kabel. Die Endstufenwicklung hat zwei rote Kabel (die beiden =E4uss= eren Anschl=FCsse) und ein schwarzes (die Mittenanzapfung). Diese f=FCnf Kabel= kommen aus einem Isolierschlauch heraus, die (dickeren) roten bzw. das schwarze = kommen an drei L=F6t=F6sen oben an der Platine, die beiden anderen an zwei ander= e L=F6t=F6sen. Die Kabel sind recht knapp bemessen, sie sind unterschiedlich abgel=E4ngt= und passen recht gut in der Reihenfolge rot (ganz kurz), rot (kurz) und schwa= rz (etwas l=E4nger) an die drei L=F6t=F6sen an der Platine.
Dumm, da=DF man sie in der Reihenfolge schwarz, rot, rot anl=F6ten mu=DF,= was mit etwas zerren auch geht. Kaum macht man es richtig, schon liegen an den Ladeelko= s die=20 erwarteten 50V an und alles ist gl=FCcklich. Jetzt gehen beide Endstufen = bis ca. 80Vss, ehe sie anfangen zu klippen, was etwa 130W entspricht... ich k= ann keinen THD messen, sondern nur Oszi-Bilder betrachten, die Leistung entsp= richt aber den angegebenen Daten.
Was mich wundert: die beiden Ladeelkos sind f=FCr ein paar Minuten satt =FC= berlastet worden, ca 50% =DCberspannung. Beide wurden dabei leicht warm (ca 40 Grad= ). Die=20 Gleichrichter-Dioden im Netzteil und die Endstufen haben die Sache offenb= ar (*) gut=20 =FCberstanden, es hat weder Treiber noch Endstufen-Transistor gefatzt. De= r ganze=20 Rest des Ger=E4ts h=E4ngt stabilisiert an einer eigenen Trafowicklung, ha= t also nichts=20 abbekommen.
Moral: gerade bei solchen kritischen Anschl=FCssen sollte man sich nicht = vom Augenschein t=E4uschen lassen, sondern nachsehen (und =FCber die Schaltplan-Angaben n= achdenken), bevor=20 man Saft drauf gibt. Man k=F6nnte nat=FCrlich auch vor dem Einschalten di= e Verkabelung anhand der reichlich vorhandenen Bilder vor der Zerlegung =FCberpr=FCfen.= ..
Martin
(*) Eine der beiden Endstufen hat keinen Ruhestrom durch die End-Transist= oren. Laut=20 Servicemanual soll man zwischen Emitter des "oberen" Leistungs-Transistor= und=20 dem Lautsprecherausgang (sprich: =FCber dem 0.47Ohm-Emitterwiderstand des= "oberen"=20 Transistors) eine Spannung von 10mV messen bzw. einstellen. Das geht bei = einem=20 Kanal pr=E4chtig, beim anderen gar nicht... da misst man 0.0mV. Ich hab a= lso noch=20 etwas Arbeit, bevor ich die Kiste zuschrauben kann... Gehen tut die Endstufe, man sieht auch keine offensichtlichen =DCbernahme-Verzerrungen.= Genaueres ist mangels THD-Meter nicht machbar.