Reparaturbericht Schaltnetzteil

Hallo allerseits,

beinahe wäre dies kein Reparaturbericht, sondern ein Hilfeersuchen geworden. Murphy hatte mal wieder zugeschlagen.

Der Bericht bringt nichts elementar Neues, bestätigt aber alte Vorurteile und das ist ja auch was wert ;-)

Vor kurzem erwarb ich via eBay ein echtes Schnäppchen: eine Komplettanlage zur digitalen Alarmierung (POCSAG, 2m-BOS), bestehend aus 2 Umsetzern der Fa. BOSCH und einem Siemens Industrie-PC (PC 32 M). Ich habe die Teile selbst abgeholt und konnte im Nachhinein die Angabe des Verkäufers, daß das Ganze nur 4 Wochen gelaufen ist und dann

6 Jahre rumgestanden hat, anhand der nicht vorhandenen Verschmutzungen im Innern der Geräte bestätigen.

Zu Hause angekommen, kam dann aber die Ernüchterung. Der PC machte keinen Mucks. Nachdem alle externen Fehlerquellen ausgeschaltet waren, konnte es natürlich nur am Schaltnetzteil liegen (WORAN sonst?). Also das Gehäuse auseinandergebaut, was nicht besonders einfach ist, da hier alles sehr kompakt verbaut wurde und das Netzteil herausseziert. Auf den ersten Blick war nichts auffälliges zu sehen, obwohl mir einer der Siebelkos auf der Sekundärseite merkwürdig vorkam, da der Deckel minimalst anders aussah, wie die, der anderen 3 baugleichen Brüder.

Gemäß der FAQ, dem was hier so zu lesen ist und den eigenen Erfahrungen, habe ich erstmal primär alles ausgelötet und geprüft, jedoch ohne Befund. Ich habe dann versucht, den Transistor (BUZ 90) per Funktionsgenerator anzusteuern. Ich vermute, daß er das bis zur 3. Halbwelle mitgemacht hat, danach kamen die Sicherung und die Erkenntnis, daß ein IRF 840 aus der Bastelkiste als Ersatztyp durchaus geeignet ist.

(Einen Trenntrafo mit 60W-Glühlampe als Strombegrenzung habe ich natürlich. Aber sowas benutzen doch bloß Weicheier)

Die Ansteuerung des Netzteils (vulgo: Ein/Aus) ist dort auf eine derart russische Art gelöst, das habe ich auch noch nicht gesehen: Von der Primärspannung (330V =) geht es über einen 560K/1W-Widerstand auf einen wirklich winzig kleinen Kippschalter in der Frontplatte und von dort, wieder über einen 560K/1W auf einen 3. Widerstand, der an Masse liegt. Von diesem Spannungsteiler geht es dann auf den Spannungsüberwachungseingang (TDA 4605, Pin 3) des Schaltreglers. Bei geschlossenem Schalter stehen hier dann ~2,1 Volt an. Da ich mir nicht sicher war, ob diese Spannung nicht evtl. zu gering ist, habe ich über ein externes Netzteil (Strombegrenzug 5 mA) die Spannung an diesem Punkt bis ~8V erhöht, ohne jedoch eine Wirkung zu erzielen, außer der, bei Reichelt ein neues IC zu bestellen, da ich die Netzspannung vor der Hilfsspannung abgeschaltet hatte, was Freund TDA mit seinem kommentarlosen Ableben quittierte.

(Bei Reichelt am Freitag gegen 12:00 bestellt und 23h später von DHL in die Hand gedrückt bekommen. Macht immer wieder Laune mit denen)

Nachdem primär nun alles geprüft oder gegen Neuteile getauscht war, beschloß ich, dann doch mal sekundär nachzuschauen. Die Schaltung ist simpel und besteht nur aus 4 Schottkys (TO 220), 2 1N4004 und zwei

7912, sowie insgesamt 8 Siebelkos. Von 5V ausgehend, gibt es eine Regelschaltung mit TL431, die dann über einen Optokoppler mit dem TDA verbunden ist. Ich habe zuerst die Elkos (470µ, 35V) der 12V und -12V-Seite ausgelötet, um an die 4004er und die 7912er zu kommen. Die Elkos und auch die anderen Teile waren i.O., wobei ich die Dioden der Einfachheit halber gegen neue 4007er getauscht habe. Die alten waren etwas schief eingelötet und wegen solchen Pfennigartikeln mache ich keinen Rummel.

Murphy's law befolgend, war das letzte Teil, das ich ausgelötet habe, dann des Übels Wurzel. Einer der 4 Siebelkos der 5V-Seite (1000µ,

10V). Und zwar genau der Elko, der mir von Anfang an komisch vorkam. Von einer direkten Wölbung des Deckels kann man hier nicht sprechen. Der Druck im Innern hat sich mehr nach unten den Weg gesucht, da der Gummipfropfen, der sonst ~1 mm versenkt liegt, bis zur Platinenoberfläche gedrückt wurde und nun plan mit dem Becherrand abschließt. Ich habe dann einen der 3 funktionierenden eingelötet und das Netzteil in Betrieb genommen. Sofort war dann auch dieses Ticken zu hören, das Schaltnetzteile im allgemeinen so abgeben, wenn sie Last- und lustlos vor sich hertakten. Von da an war dann alles (fast) nur noch ein Kinderspiel. Ich habe gleich alle 8 Elkos ersetzt (1000µ, 25V, 105°C) und den ganzen Kladderadatsch wieder zusammengeschustert. Mancher Kabelstrang läuft jetzt vermutlich etwas anders als vorher, aber die technische Sicherheit ist gewährleistet und die Funktion ist gegeben. Über den Rest breitet das elegante schwarze Strangprofilgehäuse den Mantels des Schweigens.

Der Übeltäter ist ein Roederstein EKR 1000-10 105°C B3. Wer ihn ernsthaft sezieren möchte, bekommt ihn, zusammen mit seinen 3 Brüdern, kostenlos zugeschickt. Er hat noch ca. 500µF Kapazität, einen Gleichstromwiderstand von mehreren MOhm und verhält sich an +5 V eigentlich völlig unauffällig. Warum er so jung aus dem Leben schied und auf welche perfide Art er den Regelkreis matt gesetzt hat, interessiert mich eigentlich schon, wobei die Antwort auf diese Fragen wohl ausbleiben wird.

Hauptsache, die Klapperkiste funktioniert wieder! (386 SX 33, 1MB RAM, 170 MB Festplatte ;-)

Schönen Sonntach noch

Frank

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Frank Scheffski
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Frank Scheffski schrieb:

Elkos sind oft das schwächste Glied in lange gelagerten Schaltnetzteilen. Sie lieben es langsam hochgefahren zu werden. Nur so wird die Formatierung wieder aufgebaut und kann den Stress eines Schaltnetzteils ertragen.

In besonders ungünstigen Fällen zerplatzen Elkos und die weiße Suppe mit Alu-Fetzen ist im ganzen Gerät verteilt oder der ganze Wickel schießt wie eine Rakete durch das Zimmer. Also Vorsicht bei offenem Gehäuse ! Es könnte auch ins Auge gehen.

Gruß Gerd

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Gerd Sommerlatte

Frank Scheffski schrieb in Nachricht ...

Etwas riskant, nicht? Der BUZ hat 600V, der IR nur 500V, und in einem Flyback-Netzteil für 330VDC dürften 600V schon marginal sein. Hoffentlich habt Ihr bei Euch nicht ab und zu mal hohes Netz...

Daumen drückend, Jochen

Reply to
Jochen

Am Tue, 8 Jun 2004 22:24:34 +0200, schrieb "Jochen" :

Erstmal lief es damit und ich konnte das Steuerprogramm von der Festplatte auf den Laptop rüberkopieren. Bei Gelegenheit werde ich mir irgendwo einen passenden MosFet bestellen, wobei die 'Hochspannungstypen' werder reichlich gesät noch besonders preiswert sind.

Danke ;-)

MfG

Frank

Reply to
Frank Scheffski

Frank Scheffski schrieb:

IRFBC40, 98 Cent bei Reichelt.

Gruß Dieter

Reply to
Dieter Wiedmann

Am Wed, 09 Jun 2004 17:57:58 +0200, schrieb Dieter Wiedmann :

DANKE!

Frank

Reply to
Frank Scheffski

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