I-Gain

Liebe Regelungsfreunde,

wenn ich bei meinem PI-Regler die Verstärkung für den I-Teil aufdrehe, wird der Regler dann in dem Sinne schneller, dass ich die Regelbandbreite vergrößere? Bzw. bin ich dann in der Lage schnellere Oszillationen zu regeln, oder bedeutet der I-Gain was anderes?

Viele Grüße, Christian

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Christian N.
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Dient zur genauen Ausregelung des Fehlers.

MfG JRD

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Rafael Deliano

Nein, wuerde ich nicht so sehen. Er kann dann aber in derselben Zeit mit groesserer Auslenkung regeln und wird dann schwingfreudiger.

Du muesstest deine Abtastzeit verkuerzen.

Olaf

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Olaf Kaluza

... und in die Thematik "Integrator Wind-up" einlesen :-)

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Gruesse, Joerg

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Joerg

Hi,

Christian N. schrieb:

Was heißt "aufdrehen"? Knopf im Uhrzeigersinn drehen? Was steht an der Skala dran? Was ist "Regelbandbreite"? Bandbreite des Reglers? Des offenen Kreises? Des geschlossenen Kreises?

"I-Gain" kenne ich in dem Sinne, dass einem Integrator mit fester Integrierzeit von 1 Sekunde ein "Gain"-Element vor- oder nachgeschaltet wird. Dann wäre der Parameter des "I_Gain"-Blocks der Zahlenwert des sog. Integrationsbeiwerts des daraus insgesamt resultierenden variablen I-Gliedes. Der Integrationsbeiwert ist der Kehrwert der Integrierzeit.

Der Regler würde dann insofern schneller, weil ein bestimmter Wert der Regelabweichung schneller zu großen Werten der Ausgangsgröße des I-Anteils des Reglers führen würde.

Beim PI-Regler ist allerdings tendenziell eher der P-Anteil für die Regelgeschwindigkeit zuständig, der I-Anteil soll eher für stationäre Genauigkeit sorgen.

Zu was Du womit in der Lage bist, ergibt sich aus der ingenieurwissenschaftlichen Betrachtung des gesamten Problems. Umgangssprachliche Formulierungen helfen da nicht weiter.

Gruß, Volker.

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Volker Staben

"Aufdrehen" meint die Verstärkung für den I-Teil zu erhöhen (also Ki). So weit ich weiß, meint "Regelbandbreite" die Bandbreite bei der die Verstärkung im offenen Kreis > 1 ist (z.B.

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Durch Erhöhen von Ki, würde ich dann die gesamte Gerade anheben, und damit den Punkt wo die Verstärkung = 1 wird nach rechts schieben, also eine höhere Bandbreite erhalten.

Konkretes Beispiel: Laserstrahlstabilisierung mit einem Piezo. Wackele ich am Tisch, ist die Regelung in der Lage die Störungen innerhalb meiner Regelbandbreite auszugleichen. Durch Erhöhen des I-Verstärkung müsste ich dann in der Lage sein, schnellere Störungen wegzuregeln, oder?

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Christian N.

Ja. Das gleiche gilt jedoch auch für den Proportional- und den Differentialteil. Im Grunde will man die Verstärkung in der Regelschleife für alle Frequenzen so groß wie möglich haben.

Das Problem ist jedoch, daß jede Regelschleife nur endlich schnell ist und schon deshalb kommt das Regelsignal mit einer frequenzabhängigen Phasenverzögerung am Stellglied an (der Phasengang des Verstärkers, des Sensors, des Schleifenfilters etc. tun ein übriges dazu). So wird aus der Gegenkopplung bei irgendeiner hohen Frequenz eine Mitkopplung. Und wenn bei dieser Frequenz die Verstärkung >1 ist, wird jedes Rauschen dort vertärkt und das System schwingt.

Allein deshalb wirst Du wohl nicht so einfach die Regelbandbreite erhöhen können, indem Du einfach die Verstärkung erhöhst -- vorausgsetzt der Regler war vorher halbwegs richtig eingestellt.

Die Verstärkung des I-Teiles fällt mit 1/Frequenz ab: Durch erhöhen der I- Verstärkung änderst Du vorwiegend des Verhalten der Regelschleife bezüglich niedriger Frequenzen.

Gruß, Jürgen

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Jürgen Appel

Hi Christian,

Christian N. schrieb:

Dann solltest Du das auch gleich so benennen. "Ki erhöhen" ist weniger missverständlich als "den I-Anteil aufdrehen".

In der Regelungstechnik "probiert" man ja auch nicht, sondern "sucht den Parameterraum ab" ;-)

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Ich vermeide den Begriff bandbreite im Zusammenhang mit der Regelungstechnik.

"Bandbreite" ist ein Begriff, der AFAIR eher aus der Filtertechnik stammt. In der Regelungstechnik heißt diejenige Frequenz oder Kreisfrequenz, bei der der Amplitudengang des offenen Einheitsregelkreises gleich eins ist (die zugehörige Amplitudenkennlinie im Bode-Diagramm also die 0dB-Achse schneidet), Durchtrittsfrequenz bzw. Durchtrittskreisfrequenz.

Wenn überhaupt, dann lässt sich IMHO der Begriff Bandbreite allenfalls sinnhaft auf den geschlossenen Kreis anwenden - dessen Bandbreite ist aber nicht automatisch gleich der Durchtrittsfrequenz.

für den geschlossenen Kreis (!)

Im Prinzip ja, aber...

In der Regelungstechnik ist es wenig sinnvoll, ohne konkrete Betrachtung der Regelstrecke irgendwelche Aussagen zum Verhalten einer Regelung oder zur Wahl oder Dimensionierung eines Reglers zu machen.

Nicht vollständig.

Im Prinzip ja... Oft jedenfalls. Innerhalb gewisser Grenzen und/oder mit gewissen Folgen.

"wegregeln" ist auch wieder so ein unwissenschaftlicher Begriff.

"Wegregeln" im Sinne von "der Einfluss der Störung ist null" geht perfekt sowieso nicht. Allenfalls würde die Störunterdrückung für größere Werte von Ki tendenziell besser werden (Oft jedenfalls...). Genau gibt man dies durch den Störfrequenzgang an. Der wiederum wird aber in der Nähe der Durchtrittsfrequenz erheblich durch die Eigenschaften der Regelstrecke beeinflusst - man kommt also auch hier nicht um eine genauere Betrachtung drumherum.

Darauf, dass man mit dem I-Anteil des Reglers primär auf die statischen Eigenschaften (bleibende Regelabweichung bei Sprunganregung) abzielt, wurde ja schon mehrfach hingewiesen. Wenn ein Regelkreis "schneller" werden soll, dann wird man dies günstiger durch Wahl eines anderen Reglers an Stelle eines I-Reglers erreichen bzw. beim PI- oder PID-Regler günstiger durch eine andere Dimensionierung von Reglerverstärkung bzw. Vorhaltezeit. Außerdem existieren neben den Standardreglern auch noch andere Reglertypen oder

-Strukturen von der Kaskadenregelung über kompensationsregler, Youla-Parametrierung, model based control bis hin zum Zustandsregler.

Einfache wenn-dann-Regeln gibt es in der Regelungstechnik leider kaum. Ich erinnere an H. L. Mencken: "For every complex problem, there is a solution which is neat, simple and wrong."

Es wird gern vergessen - wie immer im Engineering gilt auch in der Regelungstechnik: die Lösung muss eine Lösung des realen Problems sein. Man muss also das Problem lösen, das man lösen _soll_ und nicht das Problem, das man lösen _kann_.

Gruß, Volker.

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Volker Staben

Aber nicht in Asien. In China is Ki die zirkulierende Lebensenergie :-)

Im Prinzip probiert man schon ein wenig. Bei der Ziegler-Nichols Prozedur haben Leute hier gefrotzelt dass das so aehnlich wie Vergasereinstellen aussehe. Daher mache ich das am liebsten wenn niemand zusieht ...

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[...]
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Gruesse, Joerg

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Joerg

Hi Jörg,

Joerg schrieb:

Wieder etwas gelernt...

Es gbt viele Dinge, bei denen man (sprichwörtlich) besser nicht zusieht, in D bspw. beim Machen von Wurst oder Gesetzen.

Aber im Ernst: natürlich probiert man gelegentlich, nennt es nur nicht so.

Und ganz im Ernst: Z/N ist eine Methode der Reglereinstellung, die man völlig denkbefreit anwenden kann. Die uns also das Nachdenken abgewöhnt - oft daran erkennbar, dass die Zielsetzung der Autoren (nämlich ein gutes Störverhalten zu erreichen) unreflektiert übernommen wird. Das halte ich für unwissenschaftlich.

Gruß, Volker.

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Volker Staben

Als Schueler habe ich mal in einer Wurstfabrik gearbeitet ...

Das hatten sogar die hochwissenschaftlichen Mathematiker und Physiker an unserer Uni ab und zu propagiert. Wenn es irgendwo ums Verplatzen keinen Loesungsansatz gab, dann nannten sie das so aehnlich: Methode des scharfen Hinsehens.

Ja, folgt eher dem Motto "So haben wir das immer gemacht". Allerdings ist das oft voellig ausreichend und die 15 Minuten Zeit zum Setzen der Koeffizienten in den Faellen besser als stundenlanges wissenschaftliches Eruieren und langwieriges Messen des Plant Behavior (was manchmal kaum machbar ist oder wo etwas bei kaputtgehen koennte). Die Kunden muessen die Stunden ja am Ende bezahlen. IMHO wichtiger ist es, dass die (meist juengeren) Leute so Sachen wie Integrator Wind-up im Auge behalten oder man denen das beibringt. An der Uni war zumindest bei uns in dieser Hinsicht ziemlich Pustekuchen.

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Gruesse, Joerg

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Joerg

Hi Joerg,

Joerg schrieb:

oft != immer.

Im Studium kommt man sicher ohne Theorie nicht aus - es geht ja eher darum, denken zu _können_ - reine Vorsichtsmaßnahme, man könnte es mal gut gebrauchen.

Wie so oft: gefordert ist die richtige Mischung aus "Feeling" und "es gibt nix Praktischeres als eine gute Theorie." Und auch bei Z/N kann durchaus mal etwas kaputtgehen. Wenn schon etwas kaputtgeht, dann bitte wenigstens auf wissenschaftlicher Basis ;-)

Windup ist natürlich wichtig und sollte heute zum Standardprogramm in der Lehre gehören. Allerdings - wenn man bedenkt, dass die wirklich guten Gegenmaßnahmen so ab 1987 entstanden sind (z. B. conditioning technique) - kein Wunder, dass das in meinem Studium keine Rolle spielen konnte...

Gruß, Volker.

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Volker Staben

Stimmt :-)

Aber die Praxis sollte dabei nicht zu kurz kommen.

Da kann man dann wenigstens einen ordentlichen Bericht drueber schreiben, wenn die Loeschzuege alle wieder abgefahren sind :-)

Also ich weiss ja nicht, bei einer Aufgabe die mir untergekommen war (Regelung einer Schaumdicke, eher Chemie) hatten sie schon in den 60ern am wind-up gewerkelt. Die hatten es nur anders genannt, integrator-lock oder so. Wie auch immer, wenn ich heute an so etwas werkele gucken die jungen Ingenieure oft recht verdutzt auf das Ergebnis. "Wozu sind denn die beiden FET da hinten?" ... "Um den Kondensator festzuhalten damit es kein Integrator wind-up gibt." ... "Kein was?"

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Gruesse, Joerg

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Joerg

Moin!

Da hättest Du erstmal den Maschinenbauer sehen sollen, der seinen Motorregler "abgeglichen" hat - mit dem Schraubendrehergriff am Ohr. Das vordere Ende steckte in einem Trimmer des Reglers und nachdem er fertig war, hörte man auch ganz ohne Hilfsmittel im ganzen Raum, daß die Drehzahl des 10kW-Gleichstrommotors schwingt.

Gruß, Michael.

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Michael Eggert

Der Regler dieses selbstgebastelten Ungetuems steckt an einem Armeemotor Baujahr 1942 (das Fahrgestell ist noch eine Ecke aelter):

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Obwohl der Erbauer Autobahnpolizist war und sicher keinen blassen von Regelungstechnik hat regelte der Motor immer sauber aus. Ich habe damit eine komplette Wintermenge Holz gespalten, teilweise ziemlich knorrige Stuecke.

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Joerg

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