EM Felder bei Blitzeinschlag

Hallo,

ich möchte eine Schaltung so schützen dass sie einen Blitzeinschlag in unmittelbarer Nähe überlebt. Der Blitz schlägt natürlich nicht direkt in die Schaltung ein sondern in den vorhandenen Blitzableiter, aber der befindet sich sehr nahe an der Schaltung (Abstand 1-5m) und alleine durch die Wirkung der E- und M-Felder kann bereits einiges an empfindlicher Elektronik zerstört werden.

  1. Frage: Ich suche Informationen über die Grösse und den zeitlichen Verlauf des Stromes (im Blitzableiter) bei einem direkten Blitzeinschlag.

Daraus kann man dann die Stärke der E- und M-Felder berechnen. Die in der EMV-Messtechnik verwendeten Kurven (Burst+Surge) sind mir bekannt, helfen aber in diesem Fall nicht weiter da sie sich nur auf leitungsgebundene Ausbreitung der Störimpulse beziehen, noch dazu auf einer fehlangepassten Leitung. Ich gehe davon aus dass der tatsächliche Verlauf des Stromanstiegs viel schneller ist.

  1. Frage: Angenommen ein Gerät erfüllt den EMV-Test, insbesondere "Störfestigkeit gegen EM Felder". Wie nahe darf dann ein Blitzeinschlag sein, um vergleichbar grosse Felder zu erzeugen?

Michael

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Michael Koch
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Das ist anzunehmen, denn die üblichen genormten Störimpulse überdecken nur den Bereich bis ca. 1MHz (Surge) bzw. 50MHz (Burst), da die Leitungsdämpfung zu hohen Frequenzen hin stark zunimmt und in der Praxis bei (indirektem) Blitzeinschlag hohe Frequenzen leitungsgebunden praktisch nicht mehr ankommen.

Eine Funkenentladung generiert erhebliche Amplituden bis ca. 1GHz (ob dies auf einen Blitz auch zutrifft, weis ich jedoch nicht, ich vermute es). Simulieren lässt sich das in einem Testaufbau mit einer sog. ESD- Pistole (welche für ESD-Tests verwendet wird). Dabei musst Du Deinen Testaufbau auf eine Metallplatte legen (isoliert) und z.B. ein Cu-Geflechtband im Abstand von wenigen cm über die zu testende Schaltung legen, wobei das eine Ende mit der Metallplatte verbunden wird und das andere Ende offen ist. Auf dieses offene Ende entlädtst Du nun die ESD-Pistole. Bei 25kV entstehen dabei Stromimpulse bis

40 Ampere mit einer Anstiegsgeschwindigkeit von ca. 2 bis 10ns und einer Dauer von ca. 100ns. Wählst Du einen ESD-Vorsatz für Kontaktentladung, dann können Anstiegszeiten von kleiner 1ns generiert werden (größerer abgedeckter Frequenzbereich), aber viele ESD-Pistolen können Kontaktentladungen nur bis 8kV generieren. Bei Luftentladung auf das Masseband macht es Sinn, auf "Dauerfeuer" zu stellen, da hierbei der ionisierte Kanal in der Luft bestehen bleibt und die Entladungen dann mit größerer Flankensteilheit erfolgen, was einem größeren Frequenzbereich entspricht.

Thomas.

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Thomas Rehm

Hallo Thomas,

Der ESD Test simuliert aber nur elektrostatische Entladungen. Beim Blitzeinschlag liegen die Verhältnisse ganz anders. Beispiel: Wenn ein Gerät ein allseitig geschlossenes Kunststoffgehäuse (mit ausreichend hoher Durchschlagfestigkeit) hat und keine Schnittstellen nach aussen, dann ist unwahrscheinlich dass beim ESD Test irgendwas kaputt geht. Dass das gleiche Gerät überlebt wenn in 1m Entfernung der Stromstoss durch den Blitzableiter fliesst ist damit aber noch lange nicht garantiert.

Michael

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Michael Koch

Nein, bei dem von mir beschriebenen Versuchsaufbau wird nicht ESD getestet. Es handelt sich um einen unüblichen Aufbau, der das Testobjekt mit sehr starken und hochfrequenten impulsförmigen magnetischen Feldern beaufschlagt.

Thomas.

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Thomas Rehm

und aus anderer Quelle:

98% aller Blitzeinschläge haben < 200kA

Mal angenommen der Leiter beim ESD Test ist 0.2m vom zu testenden Gerät entfernt (näher dran geht nicht weil das Gerät eine gewisse Grösse hat). Weiterhin nehme ich an dass die Stärke des Magnetfeldes quadratisch mit der Entfernung abnimmt. Dann entspricht der Test mit 40A in 0.2m Entfernung einem

200kA Blitzeinschlag in 0.2m x sqrt(200000A / 40A) = 14m Entfernung. Das reicht mir noch nicht ganz, ich brauche einen härteren Test.

Michael

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Michael Koch

Real wohl nur bei z.B. Antenne die auf empfindliche Eingangsstufe geht. Und selbst natürlich nicht durch Blechgehäuse geschirmt werden kann. Wenn man Gerät mit abgesetzten Baugruppen hat die über Kabel verbunden sind: Kabel schirmen, Schutzschaltung an beide Enden.

Es finden sich in der Literatur verstreut spärliche Angaben geringer Aussagekraft. Gängiger Fall: Blitz schlägt in Boden ein und schüttelt Telefonleitung durch. * Wie oft der Blitz das tut und wie er aussieht wird in USA, Kanada, Schweden, Deutschland unterschiedlich sein, weil die klimatischen Gegebenheiten ja unterschiedlich sind. Die genannten Postbehörden haben im Lauf der Jahre natürlich Messungen gemacht. * aber jede mit anderem handgestricktem Aufbau * meist nur an einem Ort über mehrere Monate * die Daten dann nach unterschiedlichsten Gesichtspunkten zu statistischem Modell zusammengekocht.

Es gibt wenige Gerätschaften von denen man nicht toleriert, daß sie bei direktem Einschlag nicht einfach hin sind. Bekanntester Fall: Flugzeug. Dafür gibts dann Blitzgeneratoren und Prüfstände. In alten IEEE-Proceedings findet sich Foto vom Prüfstand der US-Luftwaffe: in der Wüste, grösste weltweit gebaute Holzstruktur ca. wie Atztekentempel, wo sie gerade über Rampe einen B47-Bomber hochschleppen. Der kann dann oben stehend "fliegend" geprüft werden. Zugehörige Blitzgeneratoren nach MIL-Norm werden in anderen Artikeln auch beschrieben, kaum billiger.

D.h. reine Auslegung von Schaltung nach grauer maxwellscher Theorie ist besonders bei EMV nicht möglich. Eigenbau von Generator für grossen Blitz ist kosteneffektiv kaum möglich. Bestimmte Labors wie Rasek können eventuell kosteneffektiv guten Blitz. IABG kann wahrscheinlich noch eine Nummer grösser, dürfte aber pekuniär weit jenseits liegen.

MfG JRD

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Rafael Deliano

Antwort zu frage 1. Besorg dir die diesjärige nummer 9 der "Unterrichtsblätter" der Deutschen Telekom. Auf seite 480-496 findest du deine fragen hinreichend beantwortet. Der titel lautet:"Blitz- und Überspannungsschutz bei Einrichtungen der Informationstechnik" Untertitel:"Wie große Schäden vermieden werden können".Verfasser: Dipl.-Ing. Gerhard Ackermann. Fax. Nr. der Redaktion Unterrichtsblätter ist 040 72555-679

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schüss, horst-dieter
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Horst-D. Winzler

Hallo Oliver,

Aber die mir bekannten Normen beziehen sich auf leitungsgebundene Übertragung der Störung. Die Leitung ist typischerweise nicht richtig angepasst und stellt also einen Tiefpass dar. Ich glaube nicht dass es zulässig ist aus diesen Normen zurückzuschliessen auf den tatsächlichen zeitlichen Verlauf des Stroms im Blitzableiter.

Mich interessieren nicht die durch Leitungen übertragenen Störspannungen sondern die Spannungen die aufgrund der EM Felder in meine Schaltung eingekoppelt werden. Die Schaltung steht ca. 2-5 Meter seitlich neben dem vertikalen Blitzableiter.

Wieso jein? Wenn ich den zeitlichen Verlauf des Stroms in einem Leiter kenne kann ich doch die Felder um den (Blitzab-)Leiter herum berechnen.

Michael

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Michael Koch

Hallo!

Nachdem ich mich nebenbei mit dem Thema Blitzschutz zwecks Telefonanlage und PC auseinandergesetzt habe, war aus den Expertenmeinungen herauszulesen, dass kein Blitzschutz wirklich funktioniert, wenn der Blitz in unmittelbarer Nähe einschlägt.

Grund dafür ist die Kombination aus einem extrem schnellen Spannungsimpuls, sehr hohen Strömen und den daraus resultierenden EM-Feldern. Es gibt keine elektronische Schutzvorrichtung, die schnell genug wäre, diese Energiemenge in der gebotenen Zeit abzufangen (immerhin sind mehrere kV in handzahme VDC umzulegen, EM-Felder zu kompensieren...). Selbst professionelle Blitzschutzelemente von Siemens oder anderen (z.B. Gasentladungselemente) sind nur gegen entfernte Einschläge gut oder halten den Belastungen eines Einschlags nicht stand.

Gruss Christian

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Christian Held

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