Viterbi anstatt Entzerrung

Hallo,

ich lese gerade etwas mehr über digitale Modulation. Dabei sind mir zwei Dokumente in die Hände gefallen die so geschrieben sind, dass man meint, die Enztzerrung durch Kanalschätzung sein lassen könnte w,enn man anstatt eines Schwellwertentscheiders einen "Maximum-Likelihood Sequence Estimator" bzw. Viterbi-Algorithmus verwenden würde. Darauf hin habe ich mich über den Viterbi-Algorithmus informiert aber diesen eher als sinnvolle Erzgänzng interpretiert.

Konkret geht es um folgendes Dokument:

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Dort steht: Angenommen, es sollen QPSK-Daten mit einer Datenrate von RS = 0.5 MSymbole/s [...] über einen Typical Urban Kanal übertragen werden. Da der TU-Kanal eine Echolaufzeit von Tmax = 7us aufweist, hätte man also einen Übertragungskanal mit einer Impulsantwort der Länge 3.5 bzw. 4. [...] Wollte man die so empfangenen Daten mit einem Viterbi-Entzerrer entzerren, entspräche dies einem Aufwand von 4^3 Zuständen.

Nun gehe ich aber davon aus, dass der Viterbi-Entzerrer eher als Fehlerkorrektur für falsch entschiedene Daten gedacht ist. Und dies gilt es ja schon im vorhinein durch eine gute Kanalschätzung zu vermeiden.

Und dann macht die obrige Aussage für mich keinen allzugroßen Sinn mehr. Oder liege ich da falsch und es gibt verschiedene Entzerrer von Viterbi?

Vielen Dank Martin L.

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Martin Laabs
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Jein.

Schau mal unter dem Stichwort Forney-Empfänger nach. Es gibt ein Matched Filter, welches aber beadrfsweise an den Kanal angepasst werden darf (Entzerrer), dann ein Dekorellationsfilter auf Symboltaktebene (wird gerne weggelassen), welches den Einfluß des Matched Filter auf das Rauschen wieder rückgängig macht, und dann besagter (Viterbi, es gibt aber auch andere Maximum Likelyhood-) Entscheider.

Im Prinzip kann ein solcher Entscheider den Entzerrer bei traditionellen Einzelträger-Modulationen ersetzen, allerdings nicht immer in der Praxis, da der Rechenaufwand zu hoch wird.

Vorsicht, in dem PDF ist von OFDM die Rede, Entzerrung ist da ein ganz anderes Ding.

Btw.: Besorg Dir doch gleich das ganze Papier: "Karl-Dirk Kammeyer, Nachrichtenübertragung, 3. Auflage, Teubner" ist wirklich gut und beschreibt die Zusammenhänge und kommt aus der Bremer Ecke.

Nein. Der Viterbi-Entzerrer _ist_ der Entscheider.

Der bekommt _analoge_ Werte bzw. Wahrscheinlichkeiten herein, ein klassischer fehlerkorrigierender Code a'la BCH und Reed-Solomon arbeites mit bereits entschiedenen Bits.

Viterbi ist ein schneller Algorithmus zur Bestimmung der Folge mit der höchsten Wahrscheinlichkeit. Der kann auf vielerlei Art und Weise eingesetzt werden, genauso wie ein verschränkter Code per Rauchpfeife ebenso wie hochmodern auf ein Konstellationsdiagramm übertragen (Trellis) genutzt werden kann.

Gruß Oliver

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Oliver Bartels + Erding, Germany + obartels@bartels.de
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Oliver Bartels

Aber würde die BER nicht besser werden wenn man zusätzlich zum Entscheider noch einen Entzerrer verwenden würde? Ich gehe bisher davon aus, dass der Entscheider nur die zusätzliche Redundanz in den Daten ausnutzt um die Störungen zu kompensieren.

Ja. Ich wollte eigentlich was über OFDM lernen, bin dabei aber auf diese Problematik gestoßen.

Werde ich machen sobald ich das nächste mal in die Bibliothek komme.

Ich habe gestern eine implementation gesehen die nur mit zwei diskreten Zuständen gearbeitet hat. Aber ich werde mir mal das Buch ausleihen um einen besseren Überblick zu bekommen.

Viele Dank Martin L.

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Martin Laabs

Der Entzerrer ist bei dem Forney Modell im an die Kanaleigenschaften angepaßten Matched Filter versteckt.

Ansonsten hat ein Empfänger für einen geeigneten verschränkten Code schon Eigenschaften, welche die durch Kanalechos etc. verursachte Intersymbol- Interferenz berücksichtigen. Besser geht es natürlich mit Entzerrer, so man die Kanaleigenschaften kennt. Kennt man sie nicht wirklich (Schwankungen, schnell bewegte Geräte), dann kann der Schuss mit dem Entzerrer auch nach hinten losgehen.

( Deshalb versucht man bei OFDM ja, die Kanaleigenschaften anhand der im _selben_ Symbol vorhandenen Pilotträger zu schätzen. )

Again: In der Praxis geht beides und die auf "billisch" gebauten Funksysteme haben keines von beiden ;-/

Üblicherweise bekommt der Viterbi pro Schritt die jeweiligen Wahrscheinlichkeiten dafür rein, dass es sich bei dem empfangenen Symbol um den Wert X handelt.

Offensichtlich wird das bei Trellis in I/Q Konstellationsdiagrammen: Es gibt für den jeweiligen Soll-Wert eines Symbols jeweils einen Punkt im Diagramm, der empfangene I/Q Wert liegt jedoch zumeist zwischen mehreren Punkten. Dann nimmt der Empfänger z.B. den Abstand des Ist-Punktes zu den benachbarten Soll-Punkten als Mass für die Wahrscheinlichkeit, dass es der jeweilige Soll-Punkt sei. Der Viterbi-Algorithmus findet dann diejenige erlaubte Sequenz von Soll-Punkten mit dem (ggf. quadratisch) geringsten Abstand zu den empfangenen Ist-Punkten, was dann der wahrscheinlichsten Symbolfolge entspricht.

Gruß Oliver

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Oliver Bartels + Erding, Germany + obartels@bartels.de
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Oliver Bartels

Bei der QPSK braucht man doch keine Korrektur oder Frequenzsch=E4tzungsverfahren? Die Signale kommen in einer Ausgangsfrequnz rein - 1. Dibit ist zu verwerfen da nicht auswertbar. Darauf folgt eine zweite Frequenz. Anhand des Frequenzunterschiedes zwischen erster und zweiter Frequenz wird die Bitfolge bestimmt. Die Signale haben immer eine gleich hohe Amplitude. Erst bei QAM wird es ja komplexer. Da die Amplitude sich =E4ndert, ist das Signal nicht mehr so gut vom Hintergrundrauschen zu unterscheiden.

Ich sehe jetzt mal von Empfangssystemen ab, die aus dem Rauschen noch Singnale dekodieren (h=E4ufig bei FSK31 gelesen). Sicher ist hier der Aufwand wsentlich gr=F6=DFer und ohne DSP ist man verloren. Aber es gibt doch gute Computerprogramme, die dies erledigen (bis 9k6). Die fressen dann aber auch richtig Rechenleistung. (1GHz reichen f=FCr

48kBit/s nicht, kann aber auch am Programm gelegen haben)
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Stefan Engler

Oh doch.

man Intersymbolinterferenz

Durch Mehrwegeausbreitung mischt sich ein aktuelles Symbol beispielsweise mit einem vorangegangenen.

Hat das aktuelle Symbol 0 Grad Winkel und das alte 180 Grad, dann landet der Punkt irgendwo dazwischen, bei 50% Aufteilung auf beide Pfade (unwahrscheinlich, aber möglich) ohne Berücksichtigung eines weiteren Phasenversatzes im Nullpunkt ...

Ohne geeignete Massnahmen (z.B. Equalizer oder verschränkte Codierung) ist das Symbol dann futsch.

Das macht dann den Unterschied zwischen "zuverlässig Verbindung" bei Qualitäts-Funksystemen und "häufig Verbindung" bei, ähm, eher einfach und billisch strukturierter Hardware aus ...

Das sowieso. QPSK ist bzgl. EB/N0 optimal (deshalb macht BPSK meist wenig Sinn), die höhere Datenrate der QAM erkauft man sich natürlich mit einem höheren erforderlichen S/N Verhältnis für eine sichere Übertragung.

Die PC-Architektur ist für Aufgaben wie Equalization und Viterbi suboptimal. Ein großer Teil des Chipfläche der CPU wird für ganz andere Dinge genutzt, wie sie von einem Universalrechner gefordert werden, z.B. Cache, MMU oder, auch nicht zu vernachlässigen, Branch Prediction. Letztere ist bei einem FIR-Filter-Algorithmus aber Overkill, es reicht eine einfacher, vom Compiler oder Programmierer codierter Repeat-Befehl in Hardware. Umgekehrt tut sich die Intel-Architektur trotz SSE mit Multiply-Accumulate-Konstellationen schwer, die ein DSP mit viel weniger Hardware (und Leistungsaufnahme!) dank seiner dafür ausgelegten Adressgeneratoren und Datenpfade locker erledigt.

Dafür läuft z.B. ein Programm wie unser Autorouter auch auf

600 MHz DSP's eher schlecht als recht, hier benötigt es die ausgefeilte Branch Prediction wie auch automatische Resourcen- verwaltung (Reservation Stations etc.) des Universalrechners (und ja, das ist bei Intel, AMD & Co. richtig aufwendig, z.B. weiss man vom Pentium Mobile, dass er eine Hardware zur Schleifenerkennung implementiert hat, und zwar auch für Schleifen ohne vorcodierte Anzahl der Iterationen).

Gruß Oliver

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Oliver Bartels + Erding, Germany + obartels@bartels.de
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Oliver Bartels

Martin Laabs schrieb:

Kannst Dir auch die Vorlesungsfolien zur "Nachrichtenübertragungstechnik" angucken, sind auch sehr gut und folgen genau dem Buch. Ich habe übrigens sowohl diese Vorlesung besucht als auch den von Dir erwähnten Versuch im Labor gemacht. :-)

Du kannst den Viterbi auch zur Dekodierung von Faltungscodes verwenden. Dazu empfehle ich Dir das Material der Veranstaltung "Kanalcodierung" und das Laborskript "Viterbi-Algorithmus" aus dem selben Institut.

Gruß Henning (auch Bremer Nachrichtentechniker, aber z.Zt. im Fachpraktikum)

--
henning paul home:  http://www.geocities.com/hennichodernich
PM: henningpaul@gmx.de , ICQ: 111044613
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Henning Paul

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