Platinen im Eigenlöten

Liebe Leute,

ich halte Technik für eine Sammlung von Kulturgütern, und das betrifft nicht nur die großen Bauwerke, bei denen das ja nicht bestritten wird, man denke an den Denkmalschutz.

Ich meine, das man gerade im Zeitalter der Wegwerfelektronik darauf hinweisen könnte, daß insbesondere selbstgebaute Leiterplatten doch wenigstens als Kleinkunst durchgehen sollten.

Was steckt drin? Erstens die handwerkliche Arbeit, die mit der eines Goldschmiedes oder Uhrmachers durchaus verglichen werden kann. Zweitens das Bestreben nach Funktionalität, das verfolgt der Uhrmacher auch. Drittens die Ästethik. Wenn man sich Mühe gibt, können solche Selbstbauschaltungen durchaus was fürs Auge sein und wie ein Kunstwerk betrachtet werden. Saubere Arbeit widerspiegelt dann auch Wertigkeit.

Ich denke außerdem an Künstler, die nicht funktionsfähige elektronische Bauteile zu Kunstgegenständen verarbeitet haben, geöffnete 80286er als Anstecknadel und Ohranhänger, oder was die c't mit "mach flott den Schrott" in die Öffentlichkeit brachte; der 80486 als Teewärmer.

Was haltet ihr davon? Elektronik als Kunstrichtung?

Holger

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Holger
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[...]

mach halt, warum nicht.

Allerdings würde ich behaupten wollen, das etwas nicht von den Machern zur Kunst erkoren wird, sondern von jenen die es dann (geistig) konsumieren. Wenn man also Kunst machen will und keinen interessiert es... nun ja, das schönste Geheimnis der Welt ist es, ein Genie zu sein und es als einziger zu wissen. ;-)

Marcel

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Marcel Müller

Holger schrieb:

Eine Stilrichtung könnte sein, elektronisch Schrottteilchen quasi als Material zu nutzen, wie der Maler Farbe nimmt. In der Kunst nennt man das dann "Ready made´s" glaube ich, wenn man aus etwas fertigen Kunst macht. Ich weis allerdings nicht, wo die Grenze ist, denn Farbe ist ja quasi auch fertig, aber ein Bild ist wohl eher kein "Ready made". Frag doch mal bei der NG Kunst nach ;-))

Grüße Uwe

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Uwe Wiards

Ich frage mich langsam, ob aus Gründen der Ästhetik die neue Rechtschreibung nicht doch vorzuziehen wäre. Es kriegt ja eh nur jeder zehnte hin, die h so zu verteilen, daß einem nicht schlecht würde.

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David Kastrup
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David Kastrup

Holger schrieb am 01.08.2011 13:29:

War schon immer meine Meinung, ich kann mich an einer gut gemachten Leiterplatte erfreuen wie an einem guten Bild.

Ich nenne diese Kunstrichtung immer "Technischer Realismus".

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Gruß Reinhard
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Reinhard Richter

Reinhard Richter schrieb:

So ein Bild mu=DF =FCbrigens nicht unbedingt aus einer Platine bestehen. Immer wieder wurden elektronische Schaltungen als Kunstobjekte gestaltet, mir ist da beispielsweise ein kugelf=F6rmiges Blinkobjekt erinnerlich, das der K=FCnstler aus bedrahteten Bauteilen aufgebaut und dann (mit Ausnahme der LEDs) mattschwarz bespr=FCht hat, oder eine DCF-77-Uhr aus TTLs freiverdrahtet in einem flachen Rahmen.

Auch was so mancher Nixie-Liebhaber oder Audiophile mit R=F6hren baut, geht bei mir problemlos als Kunstobjekt durch.=20

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Martin Gerdes

Reinhard Richter schrieb:

Das Problem scheint mir hier aber zu sein, daß Leiterplatten automatisiert in hoher Auflage gefertigt werden können. Hätten Maler wie Rembrandt und Van Gogh bereits den Vierfarbdruck zur Vefügung gehabt, wäre da noch jemand der Meinung, deren Gemälde seien noch Kunst? Aber da andererseits die Fotographie mit ihren schnellen Klicks ja auch Kunst darstellen kann, sollten es ebenso technische Systeme tun können.

Ich halte zum Beispiel den damaligen Abschied vom Tonmöbel (TV und Radio als hölzerne Möbelstücke) des Herstellers Braun für Kunst im Design, allerdings als für den breiten Markt bestimmte Kunst.

Ähnlich ergeht es mir angesichts sorgfältig hergestellter Eigenbauten in der Elektronik. Wenn ein Gerät oder auch nur eine Leiterplatte zur Augenweide wird (wilde Drahtbrücken wirken da eher abschreckend), werte ich das zumindest als Kleinkunst, die eben nur nicht als Kunst geschätzt wird, weil die meisten Leute materialistisch und nicht idealistisch mit solchen Dingen umgehen.

Die Frage ist also diese: Wird irgendwo dieser Interpretationsansatz ernsthaft verfolgt? Im Industriedesign vielleicht?

Holger

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Holger

Holger schrieb:

Hallo,

der Maler Dürer hat nicht nur mit Öl Einzelstücke auf Leinwand oder Holz gemalt, er hat auch mittels Holzschnitt und Kupferstich grafische Kunstwerke mit grösserer Auflage erschaffen. Beim japanischen Farbholzschnitt wurden bis zu 12 Platten verwendet. Grössere Auflagen, auch in Farbe waren auch früher möglich, erforderten allerdings auch viel Arbeit und Präzision.

Bye

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Uwe Hercksen

Gute Idee, hier die Platinen-Wand:

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Ich denke sowas müsste ich mittlerweile auch hinbekommen, was sich so im Laufe der Zeit hier angesammelt hat.

--
Frank Buss, http://www.frank-buss.de
piano and more: http://www.youtube.com/user/frankbuss
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Frank Buss

Einzelne ausgediente Leiterplatten an der Wand hinter Glas, warum nicht? Mein Gedanke war jedoch ein anderer. Kunst heißt ja nicht nur, es sieht gut aus, sondern es funktioniert auch gut, wie beim Industriedesign. Ich meine einen Paradigmenwechsel. Technik als Kultur- und nicht als Wirtschaftsgut. Aber as paßt ja leider nicht in unsere Zeit. Vielleicht aber in eine kommende Zeit, wenn Archäologen nach uns graben....

Holger

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Holger

Ewald Pfau schrieb:

Zunächst geht es um Wertschätzung. Hochwertige Technik ist meines Erachtens kein Wegwerfprodukt, sondern reife Leistung, die entsprechend gewürdigt zu werden hat. Das gilt auch für Selbstbauprojekte, denen man das Herzblut ansehen kann.

Was die Platine an der Wand betrifft: Man kann sich einen 286er flott machen, in ein flaches Acrylgehäuse packen, mit einer einfachen Aufgabe versehen, die durch ein passendes Design optisch herausgeputzt wird, und das hängt man sich wie ein Bild an die Wand. Bißchen Case-Modding dazu, könnte skurril und schön sein. Denke ich gerad drüber nach.

Und wie ich drauf komme? Beim Anblick meiner Selbstbauten dachte ich an die Mühe, die ich mir damit mache, und daran, daß dies doch eigentlich viel wertvollere Kunst sei als die Produktion von Buddelschiffen aus Streichhölzern zum Beispiel. Immerhin habe ich doch nicht nur was zum Angucken, sondern auch was zum Benutzen, mit einem tatsächlichen Sinn, jenseits aller Staubfänger. In diese Richtung gehen meine Gedanken.

Holger

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Holger

Holger :

Für den Wald- und Wiesenrechenschieber wird sich hoffentlich in erster Linie die Umschlagsrechnung breitmachen. Und hierfür dürfte sich mittlerweile der ökologische Fußabdruck als brauchbares Instrument ausnehmen - und auch weit genug als Grundlage der Betrachtung akzeptiert sein. Bei kulturellen Gütern braucht es dazu eine Interessensabwägung, das ist eine andere Kategorie.

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Für die Massenblechtonnage auf den Straßen etwa, zum komfortablen Konsumieren der Umwelt im rollenden Lehnsessel, wäre Wiederverwertung wohl immens wichtig, wenn zur Herstellung eines landläufigen Motorvehikels dieselbe Dimension an Energie-Einsatz erforderlich ist, wie hernach in Summe, wenn das Gerät als Gebrauchsgegenstand in Verwendung ist. Nachdem sich die Politik der Verbrauchsintensität leider nur leicht verschoben hat, wird es keine allzu große Rolle spielen, ob ein altes oder ein neues Gerät als Referenz genommen wird, für die Mischrechnung im großen Schnitt, ab wann ein Austausch sinnvoller ist.

Solange sich an den gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen nichts ändert, bleibt der Museumswert sehr nah beim alltäglichen Gebrauchswert.

Das ist eine paradoxe Situation, der dann mit viel Herumwirbeln gegengesteuert wird, als da hierzu weniger mit gesellschaftspolitischen, weitaus mehr mit propagandapolitischen Wortspenden zu rechnen ist.

Das letzte Stück in diesem Theater war die Panik mit den Feinstaub-Dieseln.

2,5 um-Feinstaub, Auslöser dringlicher Aktivitäten, war ein Massendreck nach Umstellung eines großen Teils der rollenden Flotte auf hochkomprimierende Aggregate, etwa ab 1998. Zugleich aber wird nach wie vor dies als Bedrohung mit dem 10 um-Feinstaub gleichgesetzt, anstatt wirklich dem ersteren Dreck, von dem sich die Lunge viel weniger mehr befreien kann, rigoros anzugehen.

Stattdessen wird aber dies gespielt, dass neue Geräte per se hohen Gebrauchswert zu haben haben, per Imperativ des Mufti; was in dem Fall per Bedrohung der Gesundheit im Bevölkerungsschnitt dennoch nicht stimmt.

Demgegenüber wird mit dem Finger in die falsche Richtung gezeigt - indem die bis dahin rollenden Geräte als Museumsgegenstände ohne Gebrauchswert taxiert werden. Es wäre ein Tabubruch sondergleichen gewesen, stattdessen klar zuzugeben, dass die Generatoren von 2,5 um-Feinstaub dringlich gefiltert werden müssen. Dem wird mit der Verschleierung begegnet, dass alle Generatoren gefiltert gehören. Natürlich kann man letzteres vertreten - aber in Folge der Verschleierung wird die Dringlichkeit, beim eigentlichen Verursacher des Dilemmas anzusetzen, vermeintlicherweise entschärft. Damit aber wird der Schaden in Summe hochgetrieben, weil suggeriert wird, so schlimm wird es schon nicht sein.

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Nun, bei einem Rechner an der Steckdose, bzw. den Massen von Kisten, die an den Kraftwerken zutzeln, wird sich diese Rechnung ganz anders ausnehmen, wenn man taugliche Ersatzgeräte neuerer Bauart als Referenz hernimmt. Einen alten Rechner als Router oder kleinen Irgendwas-Server im Hintergrund laufen zu lassen, zeugt dann in erster Linie nicht gerade vom Willen zum sparsamen Einsatz von Betriebsmitteln.

Da hat sich der Museumswert vom Gebrauchswert klar abgekoppelt.

Natürlich zählt auch, ob viel Engagement bei Pflege und Herstellung dranhängt: so wird sich bemerkbar machen, ob man einer Kiste zu einem Gebrauchswert verhelfen kann, der einer kritischen Gebrauchswertrechnung wieder angemessener ist.

Wenn man hinwiederum die Kiste braucht, um per haptischer Rückmeldung auf historische Bahnen der Gedanken gebracht zu werden, dann ist das kein Gebrauchswert im engeren Sinn mehr.

Natürlich haben Dinge im Museum auch die Bedeutung, die historische Zeitfolge auf die Reihe zu bringen. Aber das zählt nur in zweiter Linie zum Gebrauchswert, in erster Linie ist es die Dimension von gedanklicher Reflektion. Man weicht hier aus auf den kulturellen Zusammenhang, den man sich hiermit einspielen, permanent vor Augen halten kann, vielleicht besserer Assoziationen eigener Einfälle zuliebe.

Letzteres will bewusst in Erwägung gezogen sein - wenn es nur blind als eiserne Regel einbetoniert ist, wird man sich beim Kult der Beschwörungen wiederfinden.

Der Unterschied: Bei 1 Mio Geräten einer Serie kann auch ein nach längerer Zeit überlebendes Zehntel bei vollem Gebrauchswert weiterlaufen, wenn man dies schon zugleich als Museumswert anschauen kann. Sollte der eigentliche Gebrauchswert hinfällig werden, so reichen in den Museen ein paar hundert, um dem Bedarf kultureller Bewusstsein beizukommen.

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Eben nicht. Das war mein Reden. Es sei denn, so ein altes Brett lässt sich so schön heruntertakten, dass man im Stromverbrauch wieder in die Dimension kommt, die man bei gleicher Leistungsfähigkeit nun von irgendeinem Embedded-Brett erwarten kann.

Ok, um den Fußabdruck ernstlicher zu bemühen, sollte man ein Stück Software mit ins Boot nehmen: Wenn alles neu geschrieben werden muss, wie oft Frühstücken muss man hineinrechnen; oder wie hoch geht der Verbrauch, wenn alles nur über umständliche Emulationen laufen muss? Aber bei solchen Sprüngen, wie sie in dem Metier gemacht wurden, lässt sich das kaum gegenrechnen. So ein etwas neueres Brett spielt die alten Dinger schlicht in Grund und Boden.

jaja, das Herstellen von historischer Kontinuität entspricht selbst einem kulturellem Bedarf. Revolutionen sind viel zu anstrengend, vor allem wenn dabei immer wieder einiges kaputtgeht.

Ok, obioes klingt für mich nach einem Schnittstellenproblem.

Da kenn ich mich zwar nicht aus, und es befremdet mich auch etwas, da soviel Energie für das Engagement reinzustecken.

Aber das Schnittstellenproblem ist auch hier nicht ganz unspannend.

Wenn es denn den Gedankenfluss anregt, vielleicht auch auf längere Sicht, warum nicht? (ich hab auch alte Kisten im Schrank; aber die laufen lassen zu wollen? ojemineh! mittlerweile wurden in alle Richtungen Emulatoren geschrieben, die laufen nebenher leicht wie nichts, womit damals der Rechner im Dreieck gehüpft ist.)

Für das, was in einem breiteren Rahmen der Anwendung sinnvoll ist, sollte man schon etwas weiter ausholen. Hab ich mal in die Richtung ein kleines Stück versucht. Der Massenverkehr ist auch immer spannend für so etwas, vor allem, weil da die Thematik als politischer Brennpunkt offen einsehbar ist.

Beispiel für noch so eine Mischkalkulation, bei der man, in dem Fall, in etwa den ökologischen Fußabdruck bei der Herstellung von Leistungs-LEDs kennen sollte: die immensen Massen von Kurzzeitbeleuchtungen landauf, landab, wären die gut damit bedient, oder nicht?

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Ewald Pfau

Hallo, dies ist Kunst mit SMD Verdrahtung extrem Bild1:

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Bild2:
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web:
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Joe

BTDT.

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Gruß Henning

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Henning Paul

Ja, aber schau dir mal an, wie sauber der Typ das Zeugs gelötet hat. Die Idee finde ich super. Den Chip auf die Platine kleben und dann die kurzen Beinchen direkt mit dem Draht verlöten. Den Fädeldraht durch die Löcher fieseln, und schon sieht das Ding echt gut aus. Werde ich demnächst mal ausprobieren.

Holger

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Holger

Am 09.08.2011 17:01 schrieb Holger:

Und das beste der Bilder auf seiner Seite ist ja das hier:

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Mit hinreichend flinken Händen kann das dann in Serie gehen. ;)

Grüße, Niko

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Nikolaus Riehm

Hi Holger,

Hübsch, doch.

Das mach ich mit "dead bug" ebenso, allerdings kleb ich die Teile kopfüber auf eine kupferkaschiertes FR4 nicht auf Lochraster.

Sieht kunstvoll aus, ist aber alles andere als übersichtlich. Die durchgehende Metallfläche meiner Aufbauten ist auch nicht nur mechanisch sehr stabil. Schon mancher tote Käfer lief stailer als mit der vierlagigen Platine danach.

Marte

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Marte Schwarz

Joe wrote on Tue, 11-08-09 15:19:

Ergebnis:

Warum verwendest Du dafür das nicht das World Wide Web? Das wurde von seinem Erfinder Sir Tim Berners-Lee genau dafür geschaffen, mit einem allgemeinen Standard Dokumente beliebig austauschen zu können, ohne alle möglichen Zielsysteme "unterstützen" zu müssen.

Es gibt Provider und Hoster, die nicht zu blöd dafür sind. "Professionell" heißt nur "nimmt Geld", Gegenleistung ist optional.

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Axel Berger

Am 9.8.2011 17:32, schrieb Nikolaus Riehm:

Respekt, aber funktioniert das auch? Jörg nennt das doch immer crosstalk-city. Dann lieber die Drähte kreuz und quer verdrahten.

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Mathias Weierganz

Das Urheberrecht auf Crosstalk City hat der Vorgaenger in meinem ersten Job :-)

Auf so kleine Entfernungen geht es noch. Sieht eben schoen zackig und militaerisch geordnet aus. Nur wenn das Leute auf Backplanes machen dann wird es uebel. In der Wire-Wrap Aera war das ueblich. Da musste ich manche Diplomarbeit vor dem Absturz retten weil hie und da Pulse auf Leitungen auftauchten wo sie von der Logik her ueberhaupt nicht sein konnten. Wo der Cand-Ing daher auch nicht suchen ging. Die Pulse schafften es tatsaechlich LS-TTL Gatter zum Schalten zu bringen. Aber das ganze gab fuer mich ueber 9DM/h Hiwi-Lohn, damit fuehlte man sich wie die Made im Speck, dauernd zum Griechen Essen gehen und so :-)

BTW, wenn das schon jemand unbedingt so machen will: Die Loecher wo Drahet nach unten abtauchen vorher soweit ausbohren dass kein Metallkragen mehr stehenbleibt. Sonst kann sich u.U. was am Lack abreiben und ... poeff.

--
Gruesse, Joerg

http://www.analogconsultants.com/
Reply to
Joerg

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