EMV Problem mit Drehstromschütz

Auf einer Platine sitzt ein 3x400 Volt Drehstromschütz welcher aus Sicherheitsgründen einer Thyristor Phasenwendeschaltung zur Notabschaltung vorgeschaltet ist. Als Schutz für die Thyristoren gegen Transienten sind hinter dem Schütz X-Kondensatoren 3x1uF Folie in Stern (ohne N).

Als Logikteil wird die Schaltung von einem differentiellen RS422 Signal bei einer Baudrate von 10 Mb versorgt. Eingangs Bustreiber sind MAX3281. Das serielle Signal wird über einen 3 Volt CPLD (Mach4) eingesammelt und als IO der Thyristorschaltung zur Verfügung gestellt.

Das Ganze funktioniert prima und wie geplant aber:

Wenn der Schütz einschaltet (ohne eingeschaltete Thyristoren), gibt es aus unbekannten Gründen Übertragungsfehler auf der seriellen Leitung. Diese sind reversibel, d.h. im nächsten Zyklus weg und es gibt keinen SW Absturz oder ein Latchup etc. Trotzdem ist mir die Ursache und der Einkopplungsweg der Störung völlig unklar und ich weis nicht, wie ich die Sache weiter angehen kann. Folgendes wurde schon beobachtet:

1) Mit einem Oszilloskop sieht man im Einschaltfall Störungen von 1-2 kV im 100Mhz Bereich wenn der Schütz anzieht. Es ist dabei fast egal wo man das Oszi anschliesst und die Störung wird auch angezeigt wenn das Messkabel nur irgendwo in der Nähe liegt und gar nicht angeschlossen ist. Auch wenn die Tastkopfspitze auf dem eigenen GND liegt. Ein weiteres Indiz dass die Störung nicht über den "offiziellen" Weg des Tastkopfs ins Oszi fliesst, ist derjenige, daß mit einem anderen Messbereich am Oszi wieder ganz andere Spannungen misst, obwohl die Eingangsimpedanz ja theoretisch gleich bleibt. Getestet mit einem batteriebetriebenen Tektronix um Einkopplung übers Netz auszuschliessen und einem 1 Ghz Le Croy mit ziemlich ähnlichen Ergebnissen.

2) Die Theorie der Störungsursache habe ich mir so zurechtgelegt, daß die 3 Schützkontakte prellen und durch Ein und Auschalten zu verschiedenen Zeiten am Netzsinus verschiedene Spannungen an die äusserst niederohmigen Kondensatoren gelegt werden. Bei zusätzlich fehlendem Null (C-Reihenschaltung) entsteht mit dem prellenden Schalter eine Ladungspumpe bei welcher extrem hohe Spannungen im kV Bereich zusammenkommen. Die Netzimpedanz dürfte für HF etwa 100 Ohm betragen und damit viel zu hochohmig sein um die Störung zu schlucken. Hinter einem (1kVA) Trenntrafo sieht man übrigens, daß im Einschaltfall eine gedämpfte Schwingung von Kondensator und Trafo entsteht. Diese ist beim viel niederohmigeren Netz praktisch auch viel hochfrequenter und es scheint beim Schaltvorgang auch extrem hohe Ströme zu geben. Um es vorweg zu nehmen: Drosseln in Reihe (Stabkern 10uH) nützen überhaupt gar nix sondern sind fast kontraproduktiv.

3) Entsprechend der Theorie nach 2) habe ich die Schützkontakte mit kleinen Kondensatoren (1nf) überbrückt. Die Störung wird hier wesentlich besser, da die 1uF Kondensatoren schon vorgeladen sind. Die Sicherheitsabschaltung darf ja aber nicht überbrückt werden so dass dieser Ansatz ausscheidet. Also habe ich die 1uF Kondensatoren vor den Schützkontakt gelegt, so daß sie ständig an der Netzspannung liegen. Auch hier werden die Datenstörungen bedeutend besser, am Oszilloskop sind die Signale der Kondensatoren vor und hinter dem Kontakt aber kaum zu unterscheiden. D.h. es gibt noch immer eine Störung beim Schalten und das, obwohl hinter dem Schalter kaum etwas angeschlossen ist. In der Realität sind das eine Menge (abgeschalteter) Thyristoren mit je einem MOV. Da die Varistoren ebenfalls fast 1nF Kapazität aufweisen, vermute ich, daß sie die großen Kondensatoren zu einem guten Teil ersetzen. Zumindest der Spitzenstrom der beim Einschalten fliesst, ist theoretisch ja unabhängig von der Größe der Kapazität.

4) Wie kann ich eine solche Störung quantitativ und qualitativ sicher erfassen um festzustellen welche Änderungen sich wie auswirken?

5) Wie kann ich feststellen, auf welchem Weg eine solche Störung auf die Datenleitung einkoppelt? Das Layout hat einen Trenngraben zum 3 Volt CPLD Teil. Alle darübergehenden Leitungen sind hochohmige Widerstände oder Differentialdrosseln so dass dies zumindest theoretisch vorbildlich ist.
Reply to
Jürgen Veith
Loading thread data ...

"Jürgen Veith" schrieb im Newsbeitrag news:4380f9a2$0$27891$ snipped-for-privacy@newsread4.arcor-online.net...

Wie sieht denn die Ansteuerung der Schützspule aus? Evtl. kommt die Störung gar nicht vom Kontaktsatz sondern von der beim Schaltvorgang auftretenden Induktionsspannungsspitze an der Magnetspule.

Gruß, Alexander

Reply to
Alexander Doerr

Das ist ein Mosfet, Einschaltimpuls 100mSec, danach 50% PWM Haltestrom um die Wärme an der Wicklung klein zu halten. Löschdiode ist MBR360. Die Störung kommt definitiv nicht von der Wicklung denn wenn die 3x400 Volt Netzspannung abgeschaltet sind ist die Störung völlig weg! Der Schütz klappert auch mit 24V alleine ohne Spannung an den Kontakten und hier stört gar nichts.

Reply to
Jürgen Veith

Hallo Jürgen,

Diese Differentialdrosseln wuerde ich mir einmal ansehen. Es sollte schon ein wenig #43 Ferrit (Fair-Rite, Amidon) dabei sein, am besten als Ringkern, mit verdrillter Wicklung und nicht zu dicht gepackt. Wie das Material bei Euch heisst, weiss ich nicht, aber da gibt es bei Kaschke oder Epcos sicher Vergleichstabellen. Ich habe akut nur eine von Kaschke-USA fuer die hoeherpermeablen Ferrite.

Sind hinter den hochohmigen Widerstaenden Kondensatoren, um HF Zeug loszuwerden? Es muessten aber schon Keramik-C an solchen Datenleitungen sein, nichts gewickeltes.

Ein paar Photos und ein Schaltbild wuerden bei 'Ferndiagnoseversuchen' helfen.

Gruesse, Joerg

formatting link

Reply to
Joerg

Die Differentialdrosseln sind von

formatting link
Baureihe CNSW Modell 744-232-222. In 1206 Bauform nicht gerade gross, aber es geht ja auch keine Leistung drüber. Habe auch schon überlegt ob ich CAN Drosseln nehmen könnte.

Bei den 24 Volt Eingängen 100k in Reihe, 18k paralell zu 10n Keramik gegen GND. Die Ausgänge des CPLD gehen mit 10k auf ein Mosfet Gate aber ich vermute ich kann die ganzen Verbindungen nach aussen wegmachen und es ist immer noch gleich.

Es sind leider 10 Seiten und das meiste davon nicht relevant. Aber vielleicht versuche ich mich doch mal an einer PDF Version die ich irgendwo hochladen kann. Derweil einfach weiterfragen. Danke...

Reply to
Jürgen Veith

Hallo Jürgen,

Die sehen arg klein aus. Laut Datenblatt sind es ja ein paar hundert Ohm, aber das nutzt nur, wenn auf der Steuerungsseite auch kapazitiv ordentlich etwas nach Masse sitzt. Geht es nur in hochohmige Eingaenge, nutzen diese Drosseln nicht viel.

Ich wuerde einmal groessere probieren. Ich hatte ganz gute Ergebnisse mit Vogt und Murata Drosseln fuer ISDN Anwendung. So ab 1mH.

Man muesste sehen, welchen anderen Wege ein Puls nehmen kann. Netzversorgung etc.

Mit Fragen ist das schwer. Photos und Plaene sind besser, manchmal kommt da sofort der Aha-Effekt.

Gruesse, Joerg

formatting link

Reply to
Joerg

"Jürgen Veith" schrieb

Ich würde mal probieren:

1.) Stern erden 2.) Nicht im Stern sondern im Dreieck, also zwischen die Phasen schalten.

und schauen ob die Störungen weg sind.

Vielleicht hast du dir einen Spannungsvervielfacher damit gebaut

Gruß

Hans-Georg

Reply to
Hans-Georg Lehnard

Besorg dir am besten ein paar der von Jörg angesprochenen 43er Ringe (gibt es bei reichelt.de) - Durchmesser nach deinen Drahtdurchmessern (Durchmesser 30mm ist ganz gut handhabbar) - und wickle sämtliche Drähte, die das Gehäuse bzw. die Platine verlassen einmal da durch - den Ring möglichst nah an der Gehäusefläche (sonst koppelt es wieder von woanders her ein). Ein Ring kann für mehrere (gleichartige) Leitungen verwendet werden. Einfacher machen sich die Klappferrite. Vielleicht findest du ja auf die Art heraus, welche Leitung das Problem macht. (24V: 100k dann 18k mit 10n in Reihe? Wozu die 18k? Die würde ich weglassen und 1nF reichen auch, vorausgesetzt ich habe dich richtig verstanden).

M.

--
Bitte auf mwnews2@pentax.boerde.de antworten.
Reply to
Matthias Weingart

Matthias Weingart wrote in news: snipped-for-privacy@penthouse.boerde.de:

Ok, streich das, hab ich wirklcih falcsh verstanden. :-)

Schonmal probiert, die Schaltfunken im Schütz durch einen Snubber zu reduzieren? (R-C Reihenschaltung direkt über den Kontakt)

M.

--
Bitte auf mwnews2@pentax.boerde.de antworten.
Reply to
Matthias Weingart

Hallo Matthias,

Am besten dann gleich einige hochpermeable #77 oder J Ferrite mitbestellen. Die sind gut fuer sehr hartnaeckige Faelle mit niederfrequenten Spitzen. Man kann nie genug davon haben, ich hatte vor zwei Monaten bei einem Kunden den ganzen Karton leergeputzt. Aber danach konnten die sehr schoen messen im neuen Labor. Fuer die zweite Anlage hat's aber nicht mehr gereicht, der Vorrat war alle :-(

Gruesse, Joerg

formatting link

Reply to
Joerg

Oben beschrieben. Ein C über dem Kontakt ist hochwirksam gegen die Störung. Das will der Prüfer aber wegen der Sicherheitsabschaltung nicht haben. Bleibt mir wahrscheinlich nix anderes übrig, als mal andere Gleichtaktdrosseln auszuprobieren. 51uH aus CAN Anwendungen sind die nächsten die ich probiere.

Das mit den C in Dreieck probiere ich auch mal obs was bringt. Zumindest meine X2 Kondensatoren haben dazu aber nicht genug Spannung auf Dauer.

Reply to
Jürgen Veith

=?UTF-8?B?SsO8cmdlbg==?= Veith wrote in news:43835140$0$27885$ snipped-for-privacy@newsread4.arcor-online.net:

Hmm, und was anderes? z.B. Varistoren? Wenn das Teil sowieso nur im absolut seltenen Fehlerfall schaltet, kann man die Störung vielleicht akzeptieren?

M.

--
Bitte auf mwnews2@pentax.boerde.de antworten.
Reply to
Matthias Weingart

Hallo Jürgen,

A bisserl mehr darf's schon sein, je nach Art und Haerte der Stoerungen. Sieh mal nach Drosseln fuer die Telekombranche.

Gruesse, Joerg

formatting link

Reply to
Joerg

na, ja, es schaltet wenn man die Schutztuere öffnet. Und wenn man da absichtlich dran rumspielt, kriegt öman das Teil zum "Absturz". Kaputte Telegramme kann ich natürlich als Rauchniederhalter immer noch ignorieren und wegwerfen oder auch wiederholen. Blos hätte ich das vorher gerne noch etwas besser verstanden warum es nicht besser geht. Der Gleichtaktbereich der Eingangspuffer ist nämlich allemal groß genug.

Reply to
Jürgen Veith

Am 20.11. gab es einen Thread hier zu diesem Thema. Weil ich das Ergebniss für halbwegs interessant halte, hier das Resulat meiner Untersuchungen.

1) Der Drehstromschütz schaltet eine Kapazität von 3x1uF an einer 400 Volt Spannung. Durch das Kontaktprellen entsteht (nahezu unabhängig von der Kapazität) eine Störung die in etwa einem ESD Generator bei 4kV entpsrechen. Der Frequenzbereich ist schätzungsweise >100Mhz da mit einem Oszi nichts mehr vernünftiges messbar ist.

2) Durch diese Störung wurden Eingänge von einem Lattice CPLD der Baureihe ISP Mach4000 beeinflusst. Diese Teile sind rattenschnell (Propagandation Delay Tpd=2,5nS) und Arbeitsfrequenz bis 400 Mhz und man kriegt glaub auch gar keine langsameren mehr. Layout mit Ground Plane ist vorbildlich. Alle Eingänge, welche nicht mit einer Kapazität beschaltet waren und eine zählende Funktion hatten, haben aber zu Störungen im Design geführt. Auch dann, wenn diese hart von einem Ausgang getrieben waren.

3) Um die Störungen definiert reproduzieren zu können, habe ich einen (entprellten) Schaltereingang per CPLD Programm auf den Takt von 3 programmierten D-Toggle Fliplops gelegt. Nr. 1 hat den Takt per Gleichung direkt Chipintern erhalten. Nr. 2 hat den Takt über einen CPLD Ausgang auf einen Eingang erhalten. Drahtlänge
Reply to
Jürgen Veith

|> 5) |> Die CPLD Eingänge sind so empfindlich, daß man das Latch mit einer Berührung |> der Leitung mit einem Schraubenzieher zum umkippen bringt. Offensichtlich |> reichen geringste statische Aufladungen von nur wenigen Elektronen. |> Schaltung: CPLD Ausgang mit 20 mm Draht auf CPLD Eingang geschleift, Pullup |> = 4,7k.

Pullup? Ist der Ausgangstreiber tristate oder open-drain? Dann wäre es kein Wunder. Nimm da was niederohmigeres (220R-330R oder so).

--
         Georg Acher, acher@in.tum.de
         http://www.lrr.in.tum.de/~acher
 Click to see the full signature
Reply to
Georg Acher

Der Ausgang ist push-pull aktiv. Die SMD Widerstände sind eher zum was vergessenes dran festzulöten weil die IC Gull Wing Pins sonst so klein sind. Sozusagen SMD Testpunkte.

Reply to
Jürgen Veith

In article , =?UTF-8?B?SsO8cmdlbg==?= Veith writes: |> > Pullup? Ist der Ausgangstreiber tristate oder open-drain? Dann wäre es |> > kein Wunder. Nimm da was niederohmigeres (220R-330R oder so). |> |> Der Ausgang ist push-pull aktiv. Die SMD Widerstände sind eher zum was |> vergessenes dran festzulöten weil die IC Gull Wing Pins sonst so klein |> sind. Sozusagen SMD Testpunkte.

Versuch doch trotzdem mal, die Signal etwas "härter" mit CPLD-GND bzw. VCC zu terminieren. Wenn schon Fummeln mit dem Schraubenzieher solche Wackeleffekte bewirkt, heisst das ja nur, dass der Treiber auf der anderen Seite viel zu hochohmig ist (egal ob jetzt als echte Ausgangsimpedanz oder auf der Strecke induktiv entstanden).

--
         Georg Acher, acher@in.tum.de
         http://www.lrr.in.tum.de/~acher
 Click to see the full signature
Reply to
Georg Acher

ElectronDepot website is not affiliated with any of the manufacturers or service providers discussed here. All logos and trade names are the property of their respective owners.