Neue Fragen zum Stromnetz

Hallo Gruppe,

ich habe zwei Fragen (durch den 50 Hz-Thread inspiriert) zu unserem Stromnetz, die mich schon immer interessiert haben. Ich hoff sie sind nicht allzublöd...

In dem Thread wurde u.a. wieder mal das Problem der langen Leitungen und daraus resultierender stehender Wellen beschrieben. Das müßte doch bei ca. 6000 km Leitungslänge (c / f) auftreten, oder? Was genau ist dabei das Problem? Wie äußert es sich? Was passiert wenn ich eine 12000 km Leitung benutze?

Außerdem habe ich mich schon immer gefragt: Warum hat die Phase eigentlich Potential zur Erde? Wieso bekomme ich keinen Potentialfreien Strom aus der Steckdose? Da ja irgendwo transformiert wird, muss der Massebezug ja absichtlich hergestellt worden sein - sind dafür irgendwo Kabel einfach ins Erdreich gesteckt?

Wiegesagt, hoffentlich sind die Fragen nicht allzudumm. Interessieren tun sie mich nämlich wirklich...

Viele Grüße, Johannes

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PS: Ein Realname wäre nett. Ich selbst nutze nur keinen, weil mich die
meisten hier bereits mit Namen kennen.
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Johannes Bauer
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"Johannes Bauer" schrieb im Newsbeitrag news: snipped-for-privacy@news.cis.dfn.de...

Nur noch Blindleistung, also macht man Hochspannungs-Gleichstrom auf solchen Strecken.

Genau,

--
Manfred Winterhoff, reply-to invalid, use mawin at gmx dot net
homepage: http://www.geocities.com/mwinterhoff/
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MaWin

Moin!

Schon viel früher. Stell Dir zum Beispiel eine 3000km lange Leitung vor und die Kraftwerke an beiden Enden der Leitung sind synchron (weil die sich abwechselnd gegenseitig mal "aushelfen"). Wenn nun das eine Kraftwerk eine positive Halbwelle auf die Reise schickt, kommt die nach 3000km/c=10ms beim anderen Kraftwerk an, welches inzwischen mitten in einer negativen Halbwelle steckt. Peng. Je nachdem, wer wem ein wenig Leistung schicken will, müsste also das gebende Kraftwerk in der Phase voreilen, damit die Phase beim empfangenden passt - bei zweien mag das gehen, in einem Netz aus vielen gehts schief.

Und auch ohne zweites Kraftwerk funktionierts nicht... Nun ist es schwierig, Wellentheorie einfach so zu erklären, aber ich versuchs mal: Nimm einen Spannungsimpuls (positive Halbwelle) und gib ihn auf eine 1500km lange Leitung. Nun läuft er also diese Leitung lang und kommt nach 1500km/c=5ms am anderen Ende an. Dort sind mal gerade alle Verbraucher ausgeschaltet (Leerlauf), also weiß der Spannungspuls nicht wohin mit seiner Energie, so läuft er die lange Leitung eben wieder zurück und kommt nach weiteren 5ms wieder bei Dir an - 10ms nachdem Du ihn losgeschickt hast. Und dort trifft der Puls namens positive Halbwelle genau auf die negative, die Du gerade erzeugst. Wieder peng. Google "Lambda-Viertel-Leitung".

Damit keine Leistung zurückkommt, müsste der Verbraucher an die Impedanz der Leitung angepasst sein. Google "Wellenwiderstand". Für ein Stromnetz mit wechselnder Belastung funktioniert das natürlich nicht.

Gruß, Michael.

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Michael Eggert

Johannes Bauer schrieb:

Das gab's tatsächlich mal. Aber dann haben die Leute irgendwelche Verbraucher dort angeschlossen, die mehr oder weniger gut gegen Erde isoliert waren. Die Folge war ein Netz mit vorhandenem aber undefiniertem Erdpotezial. Deshalb ist dann jemand auf die Idee gekommen, einen Außenleiter mit Erde zu verbinden. (Man kann sich das am besten als Dreieckschaltung mit 3x220V vorstellen) Weil die Verbraucherstromkreise zwecks gleichmäßiger Lastverteilung irgendwie in dem System angesiedelt waren, bekam man bei günstiger Lage Drehstrom aus der Schukodose. Beim Lichstromanschluss mit klassischer Nullung hing es dann davon ab wierum man den Stecker einsteckt, ob sich der Zähler dreht oder nicht. In C waren solche Anlagen wahrscheinlich bis Ende der 90er in Betrieb.

MfG hjs

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Hans-Jürgen Schneider

Hi,

reine Spekulation, zusätzlich zu den anderen Antworten:

Da die Erde großflächig gesehen einen sehr geringen Widerstand hat, spart man sich auch Leitungsverluste.

Michael

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Michael Rübig

Auf die Gefahr hin mich als dumm darzustellen: Was würde es denn bedeuten, wenn ein Strom potentialfrei aus der Steckdose kommt? Dann hat er keinen Bezug zur Erde. Wenn ich mich als geerdet betrachte könnte ich doch dann einen gefegt kriegen, egal in welches Loch der Dose ich meinen unisolierten Schraubendreher stecke, oder etwa nicht?

Was wären davon die vermeintlichen Vorteile?

Grüße!

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Günther Frings

Das hast du hierzulande bis in die 20er Jahre systematisch bekommen, regional als Relikt auch noch bis in die Neuzeit.

Problem dieser Topologie (IT-Netz) ist, daß der erste Erdschluß immer harmlos ist und unbemerkt bleibt, aber der zweite Fehler wegen des undefinierten Erdungswiderstands dann katastrophale Folgen haben kann - wenn dir ein Kabel durchscheuert, passiert erst einmal nix, gerät dann aber beim Nachbarn die andere Phase an Erde, fließt ein durch den zufälligen Erdwiderstand beider Erdschlüsse begrenzter Strom über die Fehlerstellen - mit etwas Pech 15,9A und das solange, bis eure beiden Hütten restlos ausgeglüht sind...

Dagegen gibt es zwar auch Schutzmaßnahmen (Erdschlußüberwachung), aber die würden prinzipbedingt sehr oft das gesamte Netz abschalten müssen - keine gute Idee bei unseren Netzstrukturen, wo zig bis tausende Haushalte an einem Ortstrafo hängen.

IT-Netze installiert man daher (mittels Trenntrafos) nur in kleinen besonders geschützten Bereichen (wie OP-Sälen), als Hausinstallation ist das nur in Teilen der Welt vorzufinden, in denen jeder einzelne Haushalt an einem eigenen Trafo hängt (und auch da nur dort, wo man den Ausfall des gesamten Haushaltsnetzes beim Ansprechen der Sicherungseinrichtung für hinnehmbar hält).

Gewissermaßen - zur sicheren Erdung ist schon mehr als ein "irgendwo ein Kabel einfach im Erdreich" nötig...

Gruß Sevo

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Sevo Stille

Nein - solange du nicht unisolierte Schraubenzieher in beide Löcher steckst (oder im Nachbarhaus irgendwer gleichzeitig denselben Blödsinn an der anderen Phase vorführt), passiert nichts.

Wie gesagt, der erste Fehler bleibt folgenlos, daher wurde (heute geht man mehr und mehr zu einer lokalen Isolation und Batterieautonomie aller Geräte über) es gerne in OP-Sälen benutzt, da dann nur ein Warnsignal angeht, wenn der Chirurg das erste Mal mit dem Skalpell ins Kabel der Anästhesiestation schneidet, und der Rest der OP noch unter Bedingungen und Gefahren eines normalen geerdeten Stromkreises zuende geführt werden kann...

Gruß Sevo

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Sevo Stille

Das gibt es, im medizinischen Bereich, und heißt IT Netz. Allerdings wird die Isolation dann auch überwacht und bei Bedarf eine Warnung signalisiert.

Es gibt für die Anwendung zweierlei Vorteil: a) Man kann eben nicht so schnell bei einem Isolationsschaden "einen gefegt kriegen",

aber _viel_ wichtiger: b) Bei einem Schluß nach Erde kann das Netz weiterbetrieben werden. Man stelle sich eine OP vor, bei der es wegen irgendeinem duppeligen Gerät den FI heraushaut ... IT Netze braucht es überall dort, wo das _Abschalten_ des Stroms Gefahr oder viel Ärger bedeutet.

Wir hatten das für unseren Rechenzentrumsbereich auch mit dem Elektriker diskutiert, weil die USV es im Prinzip erlaubt, haben uns aber dann wegen der vielen externen Verbindungen und womöglichem Gezicke von Schaltnetzteilen chinesischer Provinienz doch für TN-S entschieden.

Gruß Oliver

--
Oliver Bartels + Erding, Germany + obartels@bartels.de
http://www.bartels.de + Phone: +49-8122-9729-0 Fax: -10
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Oliver Bartels

Ein Stromnetz wird im Prinzip im Leerlauf betrieben. Bei Leistungsanpassung würde im Generator/Trafo die selbe Leistung verbraten wie im Verbraucher.

MfG Michael

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Michael Schlegel

ten,

Du h=E4ttest vielleicht auch erw=E4hnen k=F6nnen, dass ein langes erdnahes Kabel auch den Erdschluss herstellt und damit erneut Potential zur Erde auf dem Kabel ist.

Um die Leitung einzusparen, jagd man den Rest des Stromes einfach durch die Erde (in einer Funkamateur war das mal recht genau beschrieben). Jedenfalls braucht es so weniger Kupfer f=FCr den selben Saft.

Deswegen m=FCssen die Kabel nach dem Trenntrafo kurz sein.

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Stefan Engler

Michael Schlegel schrieb:

Nein. Im Idealfall ist der Generatorwiderstand gleich Null und die Belastung am Ende der Leitung gleich dem Wellenwiderstand der Leitung.

--
mfg Rolf Bombach
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Rolf_Bombach

Hans-Jürgen Schneider schrieb:

Ist im Mittel- und Hochspannungsbereich mehr oder weniger schwimmende Aufhängung nicht normal? Zweck ist besseres Löschen von Überschlägen.

--
mfg Rolf Bombach
Reply to
Rolf_Bombach

Naja, wenn ein Blitz mit mehreren tausend Ampere in einigen Hundert Metern Entfernung in die Erde schlägt, merkt man nicht davon im Boden. Das hat aber mit dem Betrieb unseres Stromnetzes nichts zu tun. Die Erdoberfläche hat damit wenig zu tun. Oder habe ich da was übersehen?

Norbert

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Norbert Hahn

Die 6000 km ist die Wellenlänge bei 50 Hz. Wie einige schon geschrieben haben, sind aber 1/2 und 1/4 Wellenlänge kritisch, je nach dem, ob man Leerlauf betrachtet oder die Kopplung zweier Generatoren und wechselnde Last.

Wegen der Periodizität ist jedes ganze Vielfache der kritischen Wellen- länge mit dem gleichen Problem behaftet, wenn man die Leitung verlust- arm annimmt. D.h. 1500 km und leerlaufende Leitung bewirkt wegen der insgesamt 3000 km (halbe Wellenlänge) eine Phasenumkehr, also Plus und Minus vertauscht, und das wiederholt sich 6000 km weiter, also bei

7500 km, wieder und 12000 km weiter, also 12150 km, ebenfalls.

Ubrigens ist auch der Leerlauf einer 3000 km langen Leitung ein Problem. Die zurück laufende Welle addiert sich dann zur aktuellen Spannung und wenn's Niederspannung wäre, hätte man statt 235V dann 470V.

Norbert

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Norbert Hahn

Norbert Hahn schrieb:

Wenn da nicht der dumme Generator mit seinem niedrigen Widerstand wäre...

Gruß Dieter

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Dieter Wiedmann

Moin!

Hier ging es wie gesagt um die einzige - und recht theoretische - Möglichkeit einer "langen Leitung" bei AC.

Ja, deshalb schrieb ich ja auch "Verbraucher", nicht "Generator".

Gruß, Michael.

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Michael Eggert

Hi!

Das wär schön, dann würde ja ein Strom in den Generator hineinfließen und ihn antreiben, ist diese Version des perpetuum mobile schon patentiert? :-))

Gruß, Michael.

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Michael Eggert

Hallo,

hast Du schon mal von dem Begriff der natürlichen Leistung bei Hochspannungsfreileitungen gehört? Das ist alles andere als Leerlauf.

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Bye

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Uwe Hercksen

Hallo,

die 6000 km ist die Vakuumwellenlänge bei 50 Hz, die aber bei Leitungen nicht gilt, auch bei Freileitungen nicht. Ein typischer Verkürzungsfaktor für Kabel ist etwa 0,6 bis 0,7. Aber das hängt natürlich vom Aufbau des Kabels oder der Leitung ab.

Bye

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Uwe Hercksen

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